Theorie
und Geschichte der Parodie / Teil II
von Theodor
Verweyen
Inhaltsverzeichnis:
I.
Einführung und Begründung des Vorlesungsgegenstandes
II.
Begriffsgeschichten und Begriff:
1. „Parodie”: Geschichte der Wortverwendung
II.
Begriffsgeschichten und Begriff:
2. „Kontrafaktur”: Terminologische
Erneuerung eines Begriffs der Literaturgeschichte
II.
Begriffsgeschichten und Begriff:
3. Terminologische Entscheidungen
zu „Parodie” und „Kontrafaktur”
II.
Begriffsgeschichten und Begriff:
4. Parodie und Urheberrecht
III.
Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer
Zeit‘
III.
Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer
Zeit‘ / 1. Die pseudo-homerische „Batrachomyomachia” als Beispiel hellenistischer
Epos-Parodie
III.
Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer
Zeit‘ / 2. Die Parodie im Mittelalter: am Beispiel parodistischer Verarbeitungen
in Heinrich Wittenwilers „Der Ring”
III.
Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer
Zeit‘ / 3. „Die Dunkelmännerbriefe” („Epistolae obscurorum virorum”):
ein Beispiel humanistischer Satire und Parodie
III.
Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer
Zeit‘ / 4. Parodie und Travestie im barocken Roman: Grimmelshausens „Simplicissimus
Teutsch”
IV.
Geschichte der neueren deutschen Parodie
IV.
Geschichte der neueren deutschen Parodie:
1. Friedrich Nicolai: „Eyn feyner
kleyner Almanach” - Parodie aus dem Geist der Aufklärung
IV.
Geschichte der neueren deutschen Parodie:
2. Die Parodie als Klassik-kritisches
Mittel: am Beispiel einer Schiller-Parodie A.W. Schlegels aus der Zeit
um 1800
IV.
Geschichte der neueren deutschen Parodie:
3. Parodistische Literaturkritik im
19. und 20. Jahrhundert: von Ludwig Eichrodt bis Eckhard Henscheid
Literaturhinweise
Lenore
fuhr ums Morgenrot
Die Parodie-Sammlung der Erlanger
Liste.
2.
„Kontrafaktur”: Terminologische Erneuerung eines Begriffs der Literaturgeschichte
a) Zur Geschichte der Wortverwendung
von „Kontrafaktur”: illustriert mit zwei Textbeispielen
Ich hatte zunächst versucht, einige
begriffsgeschichtliche Probleme im Zusammenhang mit dem Ausdruck „Parodie”
vor Augen zu führen. Auf den Punkt gebracht, kann man etwa sagen:
Nicht alles, was sich im Laufe der Geschichte ‚Parodie’ nennt, ist auch
schon Parodie – zumindest dann nicht, wenn man einen wohldefinierten Begriff
zugrunde legt. Die große Verschiedenheit der bislang unter ‚Parodie’
subsumierten Texte, Verfahren und Funktionen warf und wirft mit vollem
Recht die Frage nach der Einheit des Begriffs auf und läßt,
wie ich angedeutet habe, Überlegungen nach der Herstellung der begrifflichen
Einheit durch Einengung des Begriffsumfanges naheliegend erscheinen. Im
folgenden Kapitel über „Kontrafaktur” haben wir es bei ähnlichen
Problemen nun eher mit einem gegenläufigen Vorgang und Anliegen zu
tun: nämlich mit der Ausweitung eines zu engen Begriffsumfanges von
„Kontrafaktur”. Erneut demonstriere ich die Problematik mit einigen Texten.
Zunächst die Vorlage: das Lied Mignons (genauer fürs erste den
Prosakommentar dazu) aus:
Goethe: „Wilhelm Meisters Lehrjahre”,
III. Buch, 1. Kap.:1
„Sie fing jeden
Vers feierlich und prächtig an, als ob sie auf etwas Sonderbares aufmerksam
machen, als ob sie etwas Wichtiges vortragen wollte. Bei der dritten Zeile
ward der Gesang dumpfer und düsterer; das ‘Kennst du es wohl?‘ drückte
sie geheimnisvoll und bedächtig aus; in dem ‘Dahin! Dahin!‘ lag eine
unwiderstehliche Sehnsucht, und ihr ‘Laß uns ziehn!‘ wußte
sie bei jeder Wiederholung dergestalt zu modifizieren, daß es bald
bittend und dringend, bald treibend und vielversprechend war.”
Ich habe ein Stückchen Erzählerkommentar
zu jenem Gedicht vorgelesen, das an exponierter Stelle im klassischen Bildungsroman
der Deutschen placiert ist: Schon Einlage in der Urfassung „Wilhelm Meisters
theatralische Sendung” und somit aus der voritalienischen Sturm und Drang-Zeit
Goethes stammend, eröffnet das Gedicht das dritte Buch des Klassikromans
„Wilhelm Meisters Lehrjahre” und erscheint darin an einer Schnittstelle
des Erzählwerks: an einer Schnittstelle, an der sich die Welt des
Theaters, eines in der Shakespeare-Begeisterung der Aufklärung fokussierten
Theaters, und das Reich der ‚reinsten Poesie’, einer in lyrischer Empfänglichkeit
gehaltenen Poesie, überschneiden. Der Erzählerkommentar erzielt
hier ohne Zweifel ein Höchstmaß an Leserlenkung - ein solches
Maß an rezeptionslenkender Intensität, daß das Mignonlied
nicht bloß Teil, sondern Inbegriff einer bis in die heutige Italientouristik
wirksamen Italiensehnsucht geworden ist. Paul Requadt ist diesen Momenten
aus Produktion und Rezeption in seiner Monographie über „Die Bildersprache
der deutschen Italiendichtung von Goethe bis Benn” nachgegangen. Er hat
dabei u. a. festgehalten:
„Die deutsche
Italiendichtung setzt trotz mancher Vorläufer erst mit dem Mignonlied
ein. Es bezwingt sogleich durch seine Musikalität. Wie in der Eingangsstrophe
rhythmisch betonte Silben sich mit den Versschlüssen durch Stabreim
verbinden, wie sie mit den übrigen Vokalen und den Endreimen wechselvoll,
doch gesetzmäßig zusammenstimmen, entsteht ein Klangspiel, aus
welchem sich die Pracht südlichen Landes entfaltet. [...] Dies
Gedicht, das die Italienbegeisterung recht eigentlich entfacht hat [...],
verschließt sich trotz seiner angenommenen Leichtverständlichkeit
doch einer in allen Punkten zuverlässigen Deutung, so daß man
fast aus seiner Hintergründigkeit die Faszination erklären möchte,
die es ausübt.”2
So lautet denn das Mignonlied:
Goethe: „Wilhelm Meisters Lehrjahre”,
III. Buch, 1. Kap. [vgl. Verweyen/Witting, Die Kontrafaktur, S. 222]:3
Kennst du das
Land, wo die Zitronen blühn,
Im dunkeln Laub
die Goldorangen glühn,
Ein sanfter
Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrte still
und hoch der Lorbeer steht,
Kennst du es
wohl?3
Soweit also die Definitionsvorschläge
und ihre Explikationen und Erläuterungen! Ein letztes Problem deute
ich hier nur noch an: bei Parodie, Travestie, Kontrafaktur, Cento und ‚verwandten’
Formmöglichkeiten sollten wir nicht von Gattungen sprechen, sondern
– im Zusammenhang mit literarischen Realisierungen – nur von Schreibweisen.
Ich zitiere dazu die knappen Bemerkungen in unserer „Walpurga” S. 475f.:
„Beginnen wir
also zunächst einmal mit dem, was Parodie und Travestie ganz gewiß
nicht sind. Sie sind selbst keine Gattungen - auch wenn das immer wieder
behauptet wird –; sie kommen vielmehr in den verschiedensten literarischen
und nicht-literarischen Gattungen vor: in Gedichten, Dramen, Essays, Reden
und Romanen, wissenschaftlichen Abhandlungen, Werbetexten usw. Zudem ist
ihr Vorkommen nicht einmal auf das sprachliche Medium beschränkt,
wie ein Blick auf den Film, die bildende Kunst und die Musik schnell zeigen
kann.”
Im übrigen verweise ich dazu auf
die ausführliche Diskussion in unserer Abhandlung von 1979.4Danach
gilt hier, daß sich Parodie, Travestie, Kontrafaktur, Cento usw.
in allen Gattungen realisieren lassen, nicht aber selber Gattungen sind.
Zugrunde liegt diesen Vorschlägen die Unterscheidung, die Klaus W.
Hempfer in seiner „Gattungstheorie” getroffen hat: mit ‚Schreibweise’ sind
„ahistorische Konstanten wie das Narrative, das Dramatische, das Satirische
usw. gemeint”, mit ‚Gattung’ „historisch konkrete Realisationen dieser
allgemeinen Schreibweisen wie z. B. Verssatire, Roman, Novelle, Epos usw.”5
Kennt ihr den
Freund? – er ist ein Menschenkind
Und mehr doch,
mehr als alle Menschen sind,
Er ging voran
die rauhe Dornenbahn,
Nimmt freundlich
sich der armen Pilger an:
Kennt ihr ihn
wohl?
Die Hand, die
Hand
Geleitet sicher
uns ins Vaterland.
Diese Nachahmung arbeitet wie die Nachahmung
Freislebens mit dem Verfahren der Substitution – im Unterschied zu Freislebens
Text aber nicht auf der Vordergrundebene nur empirischer Abbildlichkeit,
sondern auf der Ebene der „symbolischen Operation” (F. Schiller, Matthisson-Rezension).
Die „ins Mythische hinüberspielende” Sinnbildlichkeit des Mignonliedes
erfährt dabei mittels theologischer Versatzstücke aus der Tradition
der Predigt- und Erbauungsliteratur eine Konkretisierung ins eindeutig
Religiöse und religiös Eindeutige. Auch dies hat entpoetisierende
Verendlichung der „unendlichen Unerschöpflichkeit” des Vorbildgedichtes
zur Folge. Und auch in diesem Fall aneignender Indienstnahme eines wirkungsmächtigen
Mustertextes werden dessen kommunikative ‚Energien’ beansprucht: ausgenutzt,
nicht wie in der Parodie eingeschränkt, und zwar ausgenutzt hier zugunsten
einer zentralen christlichen Botschaft (wie abgeschmackt das Ausborgen
eines Gewandes, in dem sie sich artikuliert, auch immer erscheinen mag):
s. letzte Strophe!
Charakteristischerweise steht diese
Mignonlied-Nachahmung in einer Predigtsammlung des Kieler Oberkonsistorialrates
und übrigens reformfreudigen Lutheraners. Und dort eröffnet sie
die Predigt am Palmsonntag, in der zudem zwei Texte von Novalis zitiert
werden: ein Text aus dessen „Geistlichen Liedern” sowie die beiden ersten
Strophen von „Sehnsucht nach dem Tode” aus den „Hymnen an die Nacht”. Es
darf somit als nachweisbar und gesichert gelten, daß Harms’ Adaption
nicht in willentlicher ‚Beschädigung’ der Vorlage motiviert ist, sondern
daß sie deren Ausstrahlungskraft für das eigene Anliegen in
Dienst zu nehmen sucht.
An dieser Stelle kann ich die Einzeltextbetrachtungen
abbrechen und von ihnen aus wieder generellere Gesichtspunkte der Begriffsgeschichte
und der terminologischen Problematik einführen. Ich kann dabei von
dem in Klammern gesetzten Untertitel des „Louisen”-Gedichtes Freislebens
ausgehen: „Parodie” lautet er! Indes erinnere ich an meine frühere
Bemerkung: Nicht alles, was sich ‚Parodie’ nennt, ist auch schon Parodie!
b) Zur Geschichte der Wortverwendung
von „Kontrafaktur”: begriffsgeschichtliche Erweiterungen
Zunächst einmal ist der folgende
wortgeschichtliche Befund wichtig: Wie sich Johann Klajs „Parodia Opitiana”
schon dem Gedichttitel nach einer bestimmten Art des Nachahmens zuweist,
so ist auch Dieter Süverkrüps Text „Zehn rote Kleberlein” bereits
durch die Übernahme in die Anthologie „Lyrische Parodien” von M. Ach
und M. Bosch jener Nachahmungsart zugeschlagen. Es erstaunt daher wohl
auch nicht mehr, daß etwa Freislebens „Mignonlied”-Aneignung schon
sehr bald in die genau zu diesem Zeitpunkt neu entstehende Reihe der sog.
‚Parodien’-Almanache eingegangen ist, hier in C. F. Solbrigs „Almanach
der Parodieen und Travestien”, der in Leipzig 1816 erstmals erschienen
ist. Und ähnlich ist die „Mignonlied”-Aneignung von C. Harms vereinnahmt
worden.
Gegenüber diesem bekannten, die
Einheit des Begriffs „Parodie” aufhebenden Sachverhalt gibt es einen bedenkenswerten
wortverwendungsgeschichtlichen Beleg für C. Harms’ Textverarbeitung.
In einer Miszelle von 1913, in der auch der Text jener protestantischen
Konkretisierung zum ersten Mal literarhistorisch bekannt gemacht worden
ist, hat Hans Hartje lakonisch von „geistlicher Kontrafaktur” gesprochen.5
Das ist ein nicht wenig interessantes Faktum, und zwar deswegen, weil erst
15 Jahre später so etwas wie eine lexikographische Tradition von „Kontrafaktur”
beginnt. Mit dieser speziellen Begriffstradition stimmt der Hinweis H.
Hartjes auf C. Harms’ Verarbeitung des ‚Sehnsuchtsliedes’ als geistliche
Kontrafaktur weitgehend überein. Denn im „Reallexikon der deutschen
Literaturgeschichte” von 1926/28 beispielsweise steht folgender Eintrag,
hier auf den entscheidenden Satz reduziert: „Kontrafaktur bedeutet geistliche
Umdichtung eines weltlichen dt. Volksliedes”6,
und in der zweiten Auflage dieses fachwissenschaftlich repräsentativen
„Reallexikons” von 1958 heißt der Eintrag überarbeitet folgendermaßen:
„Kontrafaktur
im engeren Sinn bezeichnet die geistliche Umdichtung eines weltlichen Liedes,
wie sie im deutschen Sprachraum schon zu Zeiten des Minnesangs vorkommt,
im 15. Jhd. stark zunimmt [...], und im Reformations-Jhd. zur Kulmination
gelangt.
[Ich übergehe an dieser Stelle
die Funktionsbestimmungen der Form und nehme den Faden der Zitation wieder
auf, wo es um eine Erweiterung des Gegenstandsbereichs kontrafazierender
Bezugnahme geht:]
Daß auch
der umgekehrte Vorgang, die Wendung des geistlichen Vorbildes ins Weltliche,
geübt wurde, geht aus der reichen parodistischen Literatur des MA.s
und der Renaissance hervor”.7
Natürlich wird gegen Ende des
zitierten Lexikon-Eintrags die terminologische Problematik wieder überdeutlich
(Stichwort „parodistisch”), ohne daß ich hier nochmals darauf eingehen
muß. Entscheidend ist vielmehr, daß Claus Harms’ Übernahme
des Mignonliedes nach dieser Bestimmung als ‚geistliche Kontrafaktur’ gelten
darf.
Mit dieser textsortenspezifischen Benennung
sind allerdings Probleme besonderer Art angerührt. Ich skizziere sie.
Im Grunde sind ja die Texte des Johann Klaj (17. Jhd.), Dieter Süverkrüp
(1974), Freisleben und Claus Harms (beide Texte des frühen 19. Jhs.)
von einem vergleichbaren Produktionsstandpunkt bestimmt:
-
Übernahme einer wirkungsmächtigen
bzw. rezeptionsgeschichtlich bedeutenden Vorlage;
-
die relativ sorgfältige Bewahrung
des Textmusters;
-
Thema-Austausch ohne ‚karikierend’-verzerrende
Folgen für die Vorlage;
-
der Verzicht auf gegen den Mustertext
gerichtete komisierende Herabsetzungsstrategien;
vielmehr Indienstnahme des Mustertextes
für die Propagierung der eigenen Botschaft.
Das Problem, das sich bei Claus
Harms’ Verarbeitung nun dennoch ergibt, ist die Frage danach, warum gerade
dieser Nachahmung, dieser bestimmten, inhaltlich bedingten, von der Relation
„weltlich”/„geistlich” vorgeprägten Übernahme ein Sonderstatus
eingeräumt werden soll - und zwar schon allein dadurch, daß
für sie ein eigener Terminus reserviert werden kann, während
demgegenüber die Verarbeitungen Klajs, Süverkrüps und Freislebens
unterschiedslos unter „Parodie” subsumiert worden sind und weiterhin subsumiert
werden. Mit anderen Worten: Wie ist die eigenwillige Begriffsbildung zu
erklären und wie ließe sie sich notfalls verbessern?
Erstens: „Geistliche Kontrafaktur”
Die Bestimmung der Adaption von Claus
Harms als „geistliche Kontrafaktur” geht auf einen besonderen ‚begriffs’-
und forschungsgeschichtlichen Sachverhalt zurück. 1909 erschien eine
positivistisch kaum zu überbietende literarhistorische Monographie
über die „geistliche Kontrafaktur im Jahrhundert der Reformation”.
In ihr formuliert der Verfasser, Kurt Hennig, einige Bedingungen für
die Benennung „geistlicher Kontrafakturen”:
„Den geistlichen
Dichtungen muß ein bestimmtes weltliches Lied zugrunde liegen, an
das der geistliche Liederdichter in irgend einer Weise mit Bewußtsein
anknüpft (= contrafacta). Die Lieder müssen im 16. Jh. durch
handschriftliche oder Drucküberlieferung erhalten sein, gleichviel
ob sie in dieser Zeit entstanden sind, oder bereits dem 15. Jh. angehören
[...]. Die weltlichen Vorbilder müssen nachweisbar oder die Kontrafaktur
direkt bezeugt sein.”8
Diese Bestimmungen haben zu einer derartigen
Bedeutungsverengung des Ausdrucks „Kontrafaktur” geführt, daß
er zur literarischen und künstlerischen Praxis der Gegenwart in so
gut wie keine unmittelbare Beziehung mehr treten kann. Und von hier aus
verbietet sich auch ein Wortgebrauch, wie er etwa bei Adolf Muschg, Helmut
Heißenbüttel, Peter Rühmkorf, Karl Ludwig Schneider, Renate
Boeschenstein u. a. anzutreffen ist: und zwar als Bezeichnung für
jeden gegen Literatur gerichteten literarischen Prozeß.
Gegenüber diesen Autoren (Literaten
und Literarhistorikern) orientiert sich Kurt Hennig bei seiner Explikation
von „Kontrafaktur” an einem Wortgebrauch, der in der zweiten Hälfte
des 15. Jahrhunderts, also im Zusammenhang mit Texten vorkommt: in einer
aus dem Frauenkloster Pfullingen stammenden und in den Besitz der staatlichen
Landesbibliothek Stuttgart übergegangenen Handschrift (Cod. theol.
4°190). Dort ist zum Incipit9
von zwei weltlichen Liedern der Zusatz „Contrafactum” hinzugefügt;
unter der ersten Zeile eines Buhlliedes („Es hat ein man sin wip verloren
etc.”) ist eine Erklärung beigegeben, die dann viel zitiert worden
ist: „contrafact uff einen geistlichen sinn”; danach wurde das weltliche
Lied zu einem „christlich geänderten”: „Es hat ein mönsch gotts
huld verlorn”. Diesen zweiten Beleg in der Pfullinger Handschrift haben
Verweyen/Witting in den Text- und Bildanhang des „Kontrafaktur”-Buches
übernommen, und zwar als vergrößertes Faksimile (leider
enthält die Bildunterschrift zwei störende Fehler, die beim Korrekturlesen
übersehen worden sind)10.
Nun, diesen im Zusammenhang mit Texten
auftretenden Ausdruck „Contrafact” bzw. „Contrafactum” gibt es nach einer
an K. Hennig anschließenden Arbeit des Jahres 1920 von Luise Berthold
allerdings nur in der Pfullinger Handschrift. Naheliegende Annahme ist
es daher, daß sich von dieser Enklave des Wortgebrauchs aus historisch
kaum eine begriffsgeschichtliche Tradition entwickeln konnte. Tatsächlich
sind von ihr begriffliche Impulse zur Kennzeichnung einer eigenen formgeschichtlichen
Tradition, wie sie in den Adaptionen und Verarbeitungen eines Klaj, Freisleben,
Süverkrup hier fürs erste paradigmatisch vorgestellt worden ist,
nicht ausgegangen. Erst 1909 – mehrere Jahrhunderte nach der Anwendung
des Ausdrucks „Contrafactum” auf eine bestimmte Sorte von Texten – setzt
eine Geschichte der Verwendung von „Kontrafaktur” ein, die begriffs- und
terminusähnlichen Charakter gewann. Zum Modellfall avanciert dabei
das folgende Beispiel „christlicher Änderung” eines weltlichen Buhlliedes:
H. Isaac [vgl. Verweyen/Witting, Die
Kontrafaktur, S. 184f.]:
Isbruck
ich muß dich lassen
Isbruck ich muß
dich lassen ich far dohin mein strassen
in fremde landt
do hin mein freud ist mir genomen die
ich nit weiß
bekummen wo ich im elend bin.
Groß leid
muß ch yetz tragen das ich allein thu klagen
dem liebsten
bulen mein, ach lieb nun laß mich armen im
hertzen dein
erbarmen das ich muß von dannen sein!
Meyn trost ob
allen weyben dein thu ich ewig pleyben
stet trew der
eren frumm nun muß dich Gott bewa-
ren in aller
thugent sparen biß das ich wider kumm!
Und die „christliche Änderung”
der Vorgabe von Heinrich Knaust lautet [vgl. Verweyen/Witting, Die Kontrafaktur,
S. 185]:
Insbruck
ich muß dich laßen, christlich geändert
O welt, ich muß
dich laßen
und far dahin
mein straßen
ins vaterland
hinein.
irdisch freud
ist mir gnommen,
die ich nit
mer bger zu bekommen,
weil ich in
elend bin.
Groß leid
muß ich jetzt tragen,
das ich allein
tu klagen
dem liebsten
herren mein:
ach Got, nu
laß mich armen
im herzen dein
erbarmen,
weil ich so
arm muß sein!
Mein trost in
allen leiden,
von dir sol
mich nicht scheiden
kein not in
diser welt,
kein armut sein
so schwere,
mein sin und
all mein bgere
zu dir allein
gestellt.
So imposant diese „geistliche Kontrafaktur”
sub specie mortis et aeternitatis auch sein mag, im Hinblick auf die gegenwärtige
literarische Praxis, auf aktuelle literaturtheoretische Fragestellungen
und fachterminologische Probleme ist der deskriptive Gehalt des Ausdrucks
außerordentlich eingeschränkt. Der Ausdruck „Kontrafaktur” ist
hierin lediglich ein Terminus der Literaturgeschichte, nicht der Literaturtheorie.
Und dennoch: Was ihn gleichwohl in literaturtheoretischer und literaturwissenschaftlich-begrifflicher
Hinsicht interessant machen kann, ist sein terminologisches Konfliktpotential
vor dem Hintergrund von Wort und Sache der sog. „parodia seria”. Darauf
will ich nun eingehen.
Wie man sich denken kann, hat sich
die Literaturwissenchaft mit der engen Bestimmung von „Kontrafaktur” –
also damit, daß der Ausdruck „Kontrafaktur” „geistliche Umdichtungen
eines weltlichen Liedes” bezeichnet – nicht zufrieden gegeben. Das zeigt
der schon kurz angeführte Lexikonartikel in der zweiten Auflage des
„Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte” von 1958. Denn nach der
uns schon bekannten engen Bestimmung kommt die folgende Erweiterung hinzu:
„Daß auch
der umgekehrte Vorgang, die Wendung des geistlichen Vorbildes ins Weltliche,
geübt wurde, geht aus der reichen parodistischen Literatur des Mittelalters
und der Renaissance hervor”.
Diese Erweiterung des Begriffsumfangs
ist zunächst einmal im Hinblick auf den Ausdruck „Kontrafaktur” als
Terminus der Literaturgeschichte interessant, denn sein Anwendungsbereich
erstreckt sich nun sowohl in mittelalterliche Bereiche der Textproduktion
als auch über die Zeit nach der Reformation und der Renaissance hinaus
eben auch in die Textbereiche der Barockzeit. Diese Erweiterung ist zugleich
aber mit dem Makel der begrifflichen Inkonsistenz behaftet; denn es wird
unter dem Hauptbegriff „Kontrafaktur” zugleich der Ausdruck „parodistisch”
mitgeführt. Ist diese Inkonsequenz nötig? Ich gehe dieser Frage
nach, indem ich erneut einige Beispielfälle vor Augen führe und
dabei ständig die terminologische Problematik gegenwärtig halte.
Ich bin somit im Rahmen der Geschichte der Wortverwendung von „Kontrafaktur”
auf eine begriffsgeschichtliche Erweiterung aus.
Zweitens: „Weltliche Kontrafaktur”
Der Verfasser des „Kontrafaktur”-Artikels
in der 2. Auflage des „Reallexikons” Georg Reichert ist bei seiner inkonsistenten
Bezeichnungsweise durch die Begriffstraditionen vor allem in zwei Bereichen
älterer Forschungsgegenstände bedingt gewesen: nämlich durch
den barockmusikalischen Bereich in der musikwissenschaftlichen Forschung
und durch den Bereich der schon etwas zurückliegenden Erforschungen
mittelalterlicher Literatur.
Ein Beispiel aus der mittelalterlichen
Literatur:
Einer der besten Kenner von Formen
und Funktionen der Textverarbeitung in der mittelalterlichen Literatur
ist wohl Paul Lehmann. Dieser hat eine umfängliche Untersuchung mit
dem Titel „Die Parodie im Mittelalter” 1922/23 publiziert. Dem Kapitel
über die „Arten der Parodie” hat er ein Motto in elliptischer Gedrängtheit
vorangestellt, das für die Adressaten des Mottos nichts Gutes verheißt:
„Radix Omnium
Malorum Avaritia”.
Es handelt sich zunächst einmal
um einen Merkvers, der seinen eigenen Appellwert hat (etwa: Verfalle nie
dem Geiz!). Es handelt sich zugleich aber auch um einen Rätselvers.
Des Rätsels Lösung birgt das Akrostichon „ROMA”: Das [geizige]
Rom ist die Wurzel aller Übel! Der merk-würdige Merkvers steht
also in der traditionsreichen Reihe der Kirchen- und Rom-kritischen Literaturformen
des Mittelalters. Auf dieses Motto folgen dann P. Lehmanns Charakterisierungen
einer Textverarbeitung, die zu den berühmt-berüchtigten Textverarbeitungen
des kirchenpolemischen Mittelalters gehört; Paul Lehmann schreibt:
„Fragt man Kenner
nach einer mittellateinischen Parodie, so wird man in der Antwort gewöhnlich
zuerst das aus Schmellers Veröffentlichung der Carmina Burana bekannte
‚Evangelium secundum marcas argenti’ vernehmen. Ja, das ist ein bezeichnendes,
ein besonders einflußreiches und ein recht altes Stück. Das
Silbermarkenevangelium führt uns mitten hinein in die Streit- und
Spottliteratur, die üppig um Rom emporgewuchert ist. Wider die Bestechlichkeit
der Kurialen, wider die Simonie, wider die Herrschaft des Geldes ist es
gerichtet. Wir wissen nicht, wann und wo das Evangelium entstanden ist
[später wird in der Forschung seine Entstehung in der Zeit des großen
Schismas unter Friedrich Barbarossa (1152-1190) angesetzt] [...]. Fest
steht schon jetzt, daß man sich parodierender Satiren in der von
glühendem Haß und kaltem Hohn erfüllten, die sprachlichen
literarischen Formen außerordentlich meisternden kirchenpolitischen
Publizistik seit dem Investiturstreit (1076) mit leidenschaftlicher Erregung
und Beweglichkeit zu bedienen gewußt hat.”11
Wer die Charakterisierungen des „Evangelium
secundum marcas argenti” aufmerksam zur Kenntnis genommen hat, wird bemerkt
haben, daß sich der literarische Spott und Streit dieser offensichtlich
sehr wirksamen Verarbeitung vorgegebener Textmuster gegen die Bestechlichkeit
der Kurialen (der römischen Papstdiener), gegen die Simonie (den Kauf
geistlicher Ämter), gegen die Herrschaft des Geldes richtet - nicht
aber gegen die verarbeiteten Textmuster selber. P. Lehmanns Beschreibung
wird in jeder Hinsicht gestützt durch neuere Forschungen etwa Günter
Bernts, der ausdrücklich festhält, „nicht der parodierte Text”,
d. h. hier schlicht: nicht der übernommene und nachgeahmte Text solle
„ironisiert werden”12.
Nicht einmal „eine kirchenfeindliche Haltung” dürfe in dem „Silbermarkenevangelium”
gesehen werden; Walther von Châtillon beispielsweise (gestorben nach
1185), einer der engagiertesten Kritiker, der mit schon für seine
Zeit berüchtigten Liedern gegen den Papst und die römische Kurie
zu Felde zog (vgl. CB 41 und 42), singt etwa im 41. Lied der CB: „Propter
Sion non tacebo”, d. h. „um Sions Willen”, also um der Kirche willen, „kann
ich nicht schweigen”13.
Freilich, um der besonderen Wirkungsabsicht willen wird dabei mit allen
Mitteln und Verfahren der – wie P. Lehmann sagt – „kirchenpolitischen Publizistik”
operiert; z. B. mit dem Wortspiel: schon im Gedichttitel des Silbermarkenevangeliums
heißt es statt der Ankündigungsformel „Hören Sie das Evangelium
nach Marcus” (= „Evangelium secundum Marcum”) vielmehr „Hören Sie
das Evangelium nach den Marken aus Silber”. Hinzu kommt das polemische
Zitieren der Bibel zusammen mit thematischen Ersetzungen, die ganz vom
Geist der satirischen Verkehrung erfüllt sind: beispielsweise führt
uns das „Geldevangelium” zuerst den Nachfolger Petri im Kreise der Kurialen
(der Kurienherren) vor. Der Papst beginnt mit Sätzen aus den Evangelien
des Matthäus und des Lukas: „Wenn des Menschen Sohn kommt zum Sitze
der Majestät, dann soll ihn der Türhüter fragen: ‚Freund,
wozu kommst du?’ und wenn er beharrlich anklopft, aber nichts gibt, dann
werft ihn in die äußerste Finsternis, wo Heulen und Zähneklappern
sein wird.’” An anderer Stelle des Geldevangeliums predigt der Papst statt
mit Christus Gottes- und Nächstenliebe vielmehr, das 10. Lukas-Kapitel
entstellend: „Liebe Gold und Silber von ganzem Herzen und von ganzer Seele
und den Reichen wie dich selbst”.14
Nach dieser Einführung ist nun
der ganze Text des „Evangelium secundum marcas argenti” in der zweisprachigen
Überlieferung der folgenden Ausgabe zu lesen:
Carmina Burana,
Die Lieder der Benediktbeurer Handschrift. Zweisprachige Ausgabe, herausgegeben
mit Anmerkungen und Nachwort von Günter Bernt, München 1979,
S. 117-119.
Vielleicht ist nach der Textlesung
zusammen mit den einführenden Bemerkungen dreierlei deutlich und plausibel
geworden:
-
zunächst einmal die textnahe Bezugnahme
auf die biblischen Evangelien (die Textnähe zur Bibel ist so streng
durchgeführt, daß fast schon von einem Cento gesprochen werden
kann);
-
sodann die Bezugnahme auf die Bibel als
Medium, nicht als Gegenstand der Kritik (auf diese Unterscheidung komme
ich an anderer Stelle der Vorlesung zurück);
-
schließlich die Benutzung des Mediums
zum Zweck komisch-kritischer Herabsetzung unbiblischer, verweltlichter
und, mehr noch, verkommener Zustände in der Kirche.
Die „geistliche Kontrafaktur”,
so greife ich terminologischen Festlegungen schon einmal vor, ist noch
nicht „weltliche Kontrafaktur”, aber auf dem Wege zur selben. Und: Komik
ist im Spiel – aber in welcher Hinsicht und Richtung? Jedenfalls nicht
gegen die Vorlage, das Medium, die Bibel gerichtet! Und noch etwas anderes
kommt als Textkonstituierendes hinzu: Wären Sie bibelfest in der lateinischen
Version der Evangelien und hätten den Text nicht in der deutschen,
sondern originalen Fassung gelesen, dann hätten Sie feststellen können,
daß der Text aus einer ungemein geschickten Zitatmontage biblischer
Syntagmen und Satzsegmente besteht; d. h. das „Silbermarkenevangelium”
fordert zu generischen, also textsortenspezifischen Überlegungen zwischen
Satire, Kontrafaktur, Parodie und Cento heraus. Dazu später!
Ein Beispiel aus dem barockmusikalischen
Bereich:
Die musikhistorische Forschung hat
schon in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts nachweisen können,
daß Johann Sebastian Bach „eine große Zahl seiner geistlichen
und weltlichen Kantaten, nachdem sie ihrem ersten Zwecke gedient, mit anderen
Texten bei späteren Gelegenheiten wieder benutzt, d. h. parodiert”
hat15
– so lautet etwa Arnold Scherings Beobachtung in seinem Aufsatz über
„Bachs Parodieverfahren” von 1921. Ich führe den Aufsatz auch im folgenden
an. Schering unterscheidet bei diesem sog. ‚Parodieren’ drei Gruppen: „weltliche
Kompositionen wurden in geistliche verwandelt; geistliche durch neue Textdichtungen
zu andern geistlichen, und schließlich weltliche zu andern weltlichen
gemacht”16.
A. Schering sieht nun in der „notengetreuen Übertragung eines ursprünglich
weltlichen Musikstückes in die Kirche, selbst wenn es völlig
neuen geistlichen Text enthält, [...] ein dreifaches Problem”:
„Einmal vom Standpunkt
des historisch geschulten Stilkritikers aus, der nicht ohne Widerstreben
zugeben kann, daß weltlicher und kirchlicher Musikstil dasselbe seien.
Zweitens vom Standpunkt des Kirchenmannes, der sich aus naheliegenden Gründen
gegen ‚Verweltlichung’ seines Gotteshauses sträuben wird, und schließlich
vom Standpunkte des Ästhetikers, der sich fragen muß, ob es
möglich sei, ein und dieselbe Musik heute zu weltlichem, morgen zu
geistlichem Texte singen zu lassen.”17
Es lassen sich nun in der Tat musikgeschichtliche
Zeugnisse beispielsweise für den Kampf gegen „Verweltlichung” des
Gotteshauses beibringen. So schreibt etwa eine Klausel im Vertrag den Thomaskantoren
zu Leipzig Kuhnau und Bach vor, „ihre Kirchenmusiken nicht ‚zu opernhafftig’
anzulegen”; und in einer Philippika des sächsischen Pastors Gerber
von 1732 werden „alle oratorischen Passionsmusiken als theatralisch in
Grund und Boden” verdammt.18
Im Unterschied zu diesem eher aus dem
Geist der pietistischen Kritik der Künste geführten Angriff gegen
die sog. „Verweltlichung” der Kirchenmusik, d. h. gegen ihre Ästhetisierung
macht nun A. Schering auf ein für unseren Problemzusammenhang ungemein
interessantes Dokument der kirchlichen Musikgeschichte aufmerksam. Es stammt
von dem Schlesier Gottfried Ephraim Scheibel, unter dem Thomaskantor Kuhnau
Student in Leipzig und wohlvertraut mit den Leipziger Musikverhältnissen
um 1717. Scheibel veröffentlicht 1722 eine Abhandlung mit dem Titel
„Zufällige Gedanken von der Kirchenmusik, wie sie heutiges Tages beschaffen”.
In ihr ist das ganze 5. Kapitel der Frage des sog. ‚Parodierens’ gewidmet.
Aus diesem Kapitel lese ich eine längere Passage vor; sie steht unter
dem Aspekt: „Daß die Kirchen-Music mit der weltlichen in Movirung
der Affecten nichts eigenes habe”.
Arnold Schering, Über Bachs Parodieverfahren,
S. 54:
„... Daß
beyde Arten der Music ... in Motion der Affecte ... unterschieden seyn
müsten, ist eine allgemeine Meinung, und die besten Musici und Componisten
haben sie bejahet, und geglaubt, die Kirchen=Music müsse doch anders
aussehen als die Weltliche, man müsse nicht so frey die Cadencen setzen,
und dergleichen Dinge mehr, die mir immer vorkommen, als wenn sie selbst
nicht wüsten, was die Motion der Affecten sey, ob sie gleich dieselben
zu moviren suchen.
Ich wollt ihnen
diese Meinung zugestehen, wenn sie mir wüsten die Diversion von der
Freude, Traurigkeit und andern Affecten zu geben, die sie vielleicht ohne
Grund in ihrem Gehirn machen. Es bleibt ein Affect, nur daß die Objecta
variiren, daß z. E. hier ein geistlicher Schmertz, dort ein weltlicher
empfunden wird, daß man hier geistliches, dort ein weltliches Gut
vermisset usw. Wie ich mich über weltliche Dinge betrübe, so
kann ich mich über geistliche betrüben; wie ich mich über
diese erfreue, so kann ich mich über jene erfreuen. Der Thon, der
mich in einer Opern vergnügt, der kann auch solches in der Kirchen
thun, nur daß er ein anderes Objectum hat.
Ich weiß
nicht, was man darwider will einwenden. Ich nehme eine weltliche Composition
von einer Cantate, mache eine Parodie von einer geistlichen Materie drauff,
und exprimire eben den Affect, den die Composition mit sich bringt, so
wird eben dieser affectus sowohl movirt werden, als da er ein weltlich
Objectum hatte, wornach er sich richtete, und wird deswegen seine Kraft
nicht verlieren. Daß solches die Richtigkeit habe, will ich zum Exempel
nehmen die erste Aria aus der II. Scena des I. Actus in der Opera Jupiter
und Semele und zu ihrem Authorem hat Mons. Telemann; diejenigen, die
vor fünf Jahren in Leipzig gewesen, werden sich ihrer zu erinnern
wissen. Semele singt:
Ich empfinde
schon die Triebe,
Die der kleine
Gott der Liebe
Meiner Seelen
eingeprägt.
Ach wie kann
sein Pfeil erquicken
Und die süsse
Glut entzücken,
Die er in mir
hat erregt.
Wer die Composition
gehört, muß mir diese Parodie ungetadelt lassen:
Ich empfinde
schon die Triebe,
Die mein Jesus,
der die Liebe,
Meiner Seelen
eingeprägt.
Ach! Wie kann
sein Wort erquicken
Und des Glaubens
Glut entzücken,
Den sein Geist
in mir erregt.
Auff gleichen
Schlag klingt die folgende Aria in eben der Scena:
Meine Flammen
sind so schön,
Daß ich
mich von aller Pflicht
[Daß ich
aller Fleisches=Pflicht]
Durch ihr sonderbares
Licht
[Durch des wahren
Glaubens Licht]
Kann hinfort
befreyet sehn.
[Mich kann fort
befreyet sehn.]
Wo ein Gott
verliebt will sprechen,
[Wo Gott will
von Liebe sprechen,]
Müssen
andre Bande brechen.
[Müssen
ird‘sche Bande brechen.]
Und ich wette,
wollt ich mit einer gantzen Opera so verfahren, und nur das Objectum des
Affects verändern, so würde einerley Affect movirt werden.
[Scheibel fährt
fort, es wäre nur gut, wenn die heutige Kirchenmusik etwas] ‘lebhafftiger
und freyer, c‘est à dire, mehr theatralisch wäre, sie würde
mehr Nutzen schaffen als die gezwungene Composition, der man sich in der
Kirchen ordinair bedienet. ...‘”
Ich habe diesen musiktheoretischen
Passus nicht vorgelesen, um eine weiteres Beispiel für den weiten
„Parodie”-Begriff zu geben. Wir sind mit diesem Problem eines zu weiten
„Parodie”-Begriffs inzwischen ja vertraut. Es dürfte uns zudem nicht
mehr schwer fallen, in den Beispielen jener musiktheoretischen Ausführungen
das Kontrafakturverfahren wiederzuerkennen – und zwar durchaus im Sinne
der Explikationen des „Reallexikons” wie auch im Sinne des spätmittelalterlichen
Wortgebrauchs von „Contrafactum”. Interessant ist hier der vorgelesene
Text wegen der besonderen Begründung, mit der das Verfahren der ‚geistlichen
Kontrafaktur’ gutgeheißen (und d. h. selbstverständlich auch:
gegen die pietistische Kritik der Künste verteidigt) wird.
Diese Begründung basiert zunächst
einmal auf einer Anerkennung der Affekte, die frömmigkeitsgeschichtlich
bis ins 18. Jahrhundert und darüber hinaus negativiert worden sind.
Die Begründung enthält sodann eine Rechtfertigung für die
kirchenmusikalische Ausnutzung des affektrhetorischen Potentials der weltlichen
Musik, vielleicht darf man schon sogar sagen: für die Ausnutzung ihres
affektästhetischen Potentials, beispielsweise hier der Opernmusik.
Schließlich liegen in der Begründung Möglichkeiten beschlossen,
an die ihr Autor noch nicht gedacht hat, weil ihm geschichtlich wohl nur
die Übernahme von weltlichen Mustertexten und Kommunikationsmustern
ins Geistliche vor Augen stand: es sind auf der Grundlage des Gedankens
der ‚Variierung der Objecta’ bei einer als einheitlich angenommenen Affektbasis
die Möglichkeiten naheliegend, die Anwendungsrichtung der affektiven
Mittel umzukehren – nämlich vom Geistlichen ins Weltliche. Mit anderen
Worten: In Scheibels Traktat wird so etwas wie der Grund für den Prozeß
von der „geistlichen” zur „weltlichen Kontrafaktur” in Bereichen des Ästhetischen
und somit auch des Literar- und Musikästhetischen sichtbar. Die „geistliche
Kontrafaktur” ist in der Tat auch ästhetikgeschichtlich auf dem Wege
zur „weltlichen Kontrafaktur”.
Beispiele „weltlicher Kontrafaktur”
aus neuerer Zeit:
Der soeben angedeutete ästhetikgeschichtliche
Prozeß ist Gegenstand einer herausragenden Untersuchung des Germanisten
Albrecht Schöne unter dem Titel „Säkularisation als sprachbildende
Kraft. Studien zur Dichtung deutscher Pfarrersöhne” geworden. Wenn
ich mich hier nun einer unangemessenen Verkürzung der großartigen
Darstellung schuldig mache, so nur mit Blick auf den durch das Thema der
Vorlesung bedingten Rahmen. Unter „Säkularisation” versteht A. Schöne
in Anlehnung an den rechtsgeschichtlichen und historischen Säkularisationsbegriff
die Übertragung „sprachlicher Bestände” aus der Bibel, dem Gesangbuch,
der Liturgie „in den Sprachzusammenhang einer nicht zu gottesdienstlichem
Gebrauch bestimmten Dichtung”19.
Die Übertragung dient dabei „der Erhöhung und Steigerung des
dichterischen Wortes” durch „die Bedeutungskraft und Vorbildlichkeit des
religiösen Bereichs”20.
Der Rückbezug auf den biblischen Ursprungsbereich erfolgt nicht in
der Absicht seiner „Abwertung und Zerstörung”; vielmehr sei in diesem
Vorgang der Säkularisation als literaturgeschichtlichen Phänomens
„alles Interesse [...] vom Modell auf die Kontrafaktur verlagert; weder
in positivem noch in negativem Sinne betrifft die eigentliche Intention
des Sprechenden jenen Text, aus dem er die Worte seiner neuen Botschaft
bezieht”.21
Albrecht Schöne hat diese letzteren
Beobachtungen und Beurteilungen der literarischen Säkularisation insbesondere
in der Auseinandersetzung mit einem Aufsatz des Anglisten und germanistisch
interessierten Literaturwissenschaftlers Herbert Schöffler formuliert.
Der Ausatz handelt von Goethes Roman „Die Leiden des jungen Werthers”.
Schöffler war es, auf den die Entdeckung der zahlreichen Bezugnahmen
Goethes auf die Evangelien – vor allem auf das Johannes-Evangelium – zurückgeht;
Schöffler hatte aus diesen Parallelen zwischen „Werther” und Bibeltext
heraus den Roman als „ein Erbauungsbuch in einem völlig neuen Sinne”
interpretiert:
„Die Evangeliumstöne
im Leiden und Sterben Werthers, durch die sich die Darstellung anschließt
an alte Formen, dürfen genommen werden als Ausdruck für das Bewußtsein,
daß dies Leiden an diesseitigem Werte, dieses Zugrundegehen an der
Liebe ebenso wichtig sei, ebenso bedeutsam genommen werden solle wie jener
abertausendmal erzählte Erzfall eines Leidens und Sterbens um jenseitigen
Wertes willen”.
Für H. Schöffler steht dabei
fest, daß hierin eine „im Sinne des Kirchenglaubens verwerfliche
Art der Verwendung von Evangeliumsparallelen”, mithin „Blasphemie” im Spiele
sei22.
Auch A. Schöne interpretiert den „Werther”-Roman – für ihn eine
„weltliche Kontrafaktur” – im Kontext der Philosophie- und Geistesgeschichte
des 18. Jahrhunderts, gewichtet aber im Unterschied zu H. Schöffler
die literarische Verarbeitung, meines Erachtens zu Recht, mehr im Sinne
einer autorspezifischen Perspektive:
„Hier wird tatsächlich
die Wirkung der Aufklärung, die Erweichung der altprotestantischen
Orthodoxie, die Liberalisierung des Pfarrhauses als Voraussetzung einer
Säkularisationsform spürbar [...]. Einerseits führt die
Auflösung der Kodifikation zu unbeschränkter Verfügbarkeit
des religiösen Sprachgutes, andererseits kennt die Selbstherrlichkeit
der Dichtung keinen Hinderungsgrund mehr, das Verfügbare aufzugreifen,
wo immer es nützlich scheint”.23
Mit anderen Worten: Aufkündigung
des normativen Anspruchs des Vorbildes, Historisierung des Formbegriffs
und Autonomieerklärung der Kunst sind für A. Schöne die
bewegenden Kräfte der Säkularisation und zugleich Faktoren der
Ästhetisierung aller Normbilder, einschließlich der Bibel. In
diesem Funktionsrahmen ist die Ausnutzung biblischer Sprach- und Ausdrucksmuster
möglich, ohne daß die Bezugnahme auf sie zugleich ihre Infragestellung
bedeuten müßte, ist nach A. Schöne somit „weltliche Kontrafaktur”
möglich.
Ich habe hier den in jeder Hinsicht
faszinierenden Textfall „Werther” nicht eingeführt, um ein besonders
gewichtiges Beispiel für das Verfahren der „weltlichen Kontrafaktur”
aufbieten zu können und somit dieses Verfahren auch ästhetisch
interessant zu machen. So sehr ich A. Schöne in der Beschreibung des
Romans zustimme, hinsichtlich der Bestimmung des Romans als „weltlicher
Kontrafaktur” bin ich jedoch eher skeptisch. Denn man kann, wie das Schöne
bei der Analyse von Bürgers Schauerballade „Lenore” auch tut, allenfalls
von einem „kontrafaktischen Beziehungsgeflecht” sprechen, das in den Roman
mit eingezogen ist, nicht aber von Kontrafaktur. Ich habe den Textfall
hier vielmehr eingeführt, um die ebenso komplexen wie ästhetikgeschichtlich
brisanten Prozesse der Herauslösung der Literatur aus bestimmten religions-
und frömmigkeitsgeschichtlichen Kontexten zumindest in Andeutungen
skizzieren und ebenso die Grundlagen für „weltliche Kontrafaktur”
andeutungsweise umreißen zu können.
Weniger komplexe Beispiele für
das Problem ‚weltliche Kontrafaktur’ möchte ich im folgenden aufnehmen
und erörtern, um die Tragweite dieses Problems in terminologischer,
systematischer und historischer Hinsicht etwas mehr zu konkretisieren.
Machen Sie sich dabei auf Texte gefaßt, die ziemlich historisch,
gleichwohl nicht uninteressant sind. Sie sind einfache Fälle ‚weltlicher
Kontrafaktur’ und in gar keiner Weise Texte hochkomplexer Strukturiertheit
wie Goethes „Werther”!
Bevor ich zu den einfachen Fällen
‚weltlicher Kontrafaktur’ komme, gebe ich einige zusammenfassende Bemerkungen.
Gottfried Ephraim Scheibel hatte 1722 für „Freiheit des Kirchenstils”
plädiert, dabei nicht zuletzt Kompositionen Telemanns vor Augen: „Ich
nehme eine weltliche Composition von einer Cantate, mache eine Parodie
von einer geistlichen Materie drauff, und exprimire eben den Affect, den
die Composition mit sich bringt” – gleichviel, ob das „Objekt”, auf das
sich der erzeugte Affekt richtet, ein „weltliches” oder „geistliches” sei.
Interessant, so ist festzuhalten, ist die musiktheoretische Abhandlung
Scheibels u. a. wegen der eigenwilligen Begründung, mit der Verfahren
der geistlichen Kontrafaktur gutgeheißen werden. Diese Begründung
basiert zunächst einmal auf einer Anerkennung, ja Positivierung der
Affekte: Leidenschaften waren ja frömmigkeitsgeschichtlich bis weit
ins 18. Jahrhundert negativiert als Sünde oder auch als Grund zu sündhaftem
Verhalten u.s.w. Die Begründung enthält sodann eine Rechtfertigung
für die kirchenmusikalische Ausnutzung des affektrhetorischen Potentials
der weltlichen Musik, vielleicht darf man schon sogar sagen: für die
Ausnutzung des affektästhetischen Potentials der weltlichen Musik
(etwa der Opernmusik für geistliche Oratorien)!
Darüber hinaus liegen in der Begründung
Scheibels Möglichkeiten einer ästhetischen Entwicklung angedeutet,
an die der Autor selber wohl noch nicht hat denken können, weil ihm
historisch wohl nur die Übernahme weltlicher Mustertexte und Kommunikationsformen
ins Geistliche vor Augen standen. Auf der Grundlage des Gedankens der ‚Variierung
der Objecta’ und infolge einer als einheitlich gedachten Affektbasis sind
Möglichkeiten zu wechselseitigen Austauschprozessen von „geistlicher”
zu „weltlicher” Kontrafaktur in allen Bereichen des Ästhetischen angebahnt.
Die „geistliche Kontrafaktur” ist, auch ästhetikgeschichtlich: d.
h. in der Bedeutung der Geschichte der „cognitio sensitiva” als sinnlicher
Erfahrung und Erkenntnis, auf dem Wege zur „weltlichen Kontrafaktur”.
Allerdings muß nun eingeräumt
werden, daß man sich im Zusammenhang mit Kontrafakturen seltener
auf den Höhenkämmen des Ästhetischen der angedeuteten Art
bewegt. Aus dieser Erfahrung ist eine naheliegende Analyse-Konsequenz zu
ziehen. Im Unterschied zur Erörterung des Romans „Die Leiden des jungen
Werthers”, dessen hochkomplexe Struktur und Thematik für eine Diskussion
der weltlichen Kontrafaktur eben trotz der Untersuchung von A. Schöne
wenig geeignet erscheint, sind einfachere Textfälle ‚weltlicher Kontrafaktur’
im Hinblick auf eine praktikable und operationalisierbare Begrifflichkeit
und Systematik in diesem Feld elementarer Intertextualitätsformen
zu diskutieren. Solche Textfälle nehme ich jetzt auf.
Erstes Textbeispiel: Bei dem
ersten Textbeispiel handelt es sich um das „Thürmerlied”. Sein Autor,
Emanuel Geibel, einer der erfolgreichsten Schriftsteller, ja Modeautor
des 19. Jahrhunderts, bezieht sich darin auf das Kirchenlied „von den klugen
Jungfrauen, die ihrem himmlichen Bräutigam begegnen”. Dem geistlichen
Lied, so schon die Überschrift, liegt Mt 25,1-13 zugrunde. Daß
hier das Neue Testament wichtigster Bezugstext ist, muß nicht verwundern.
Denn der Autor des geistlichen Liedes ist der protestantische Kirchenlieddichter
Philipp Nicolai (1556-1608), der lange in Hamburg als Hauptpastor an der
Katharinenkirche wirkte. Hier zunächst die Vorlage [vgl. Verweyen/Witting,
Die Kontrafaktur, S. 181f.]:
Ein Geistlich
Braut-Lied
von der Stimm
zu Mitternacht / vnd von den klugen Jungfrauwen / die jhrem himmlischen
Bräutigam begegnen / Matth. 25.
I.
WAchet auff
/ rufft vns die Stimme /
Der Wächter
sehr hoch auff der Zinnen /
Wach auff du
Statt Jerusalem.
Mitternacht
heißt diese Stunde /
Sie ruffen vns
mit hellem Munde /
Wo seyd jhr
klugen Jungfrauwen?
Wolauff / der
Bräutigam kompt /
Steht auff /
die Lampen nimpt /
Halleluia.
Macht euch bereit
/ Zu der Hochzeit /
Jhr müsset
jhm entgegen gehn.
II.
Zion hört
die
Wächter singen /
Das Hertz thut
jhr von Frewden springen /
Sie wachet vnd
steht eilend auff:
Jhr Freund kompt
vom Himmel prächtig /
Von Gnaden starck
/ von Wahrheit mächtig:
Jhr Liecht wirdt
hell / jhr Stern geht auff.
Nu komm du werthe
Kron /
HErr Jesu Gottes
Sohn /
Hosianna.
Wir folgen all
zum FrewdenSaal /
Vnd halten mit
das Abendmal.
III.
Gloria sey dir
gesungen /
Mit Menschen
vnd Englischen Zungen /
Mit Harpffen
vnd mit Cymbaln schön:
Von zwölff
Perlen sind die Pforten
An deiner Statt
/ wir sind Consorten
Der Engeln hoch
vmb deinen Thron /
Kein Aug hat
je gespürt /
Kein Ohr hat
mehr gehört /
Solche Freuwde.
Deß sind
wir fro / jo / jo
Ewig in dulci
iubilo.
Dieses Lied ist nicht irgendeines aus
dem reichen Schatz protestantischer Kirchenlieddichtung. Es gehört
zum kanonischen Liedbestand einer bestimmten Zeit im Kirchenjahr: Es ist
ein Adventslied und zugleich ein adventliches Lied, das die Jahrhunderte
überdauert und die konfessionellen Grenzen überschritten hat.
Ein Lied der ganzen Christenheit konnte es insbesondere deswegen werden,
weil es, zutiefst biblisch, den heilsgeschichtlichen Gedanken der Parusie,
der Wiederkunft Christi, mit dem Appell an den Gläubigen zur korrespondierenden
Haltung einer hoffnungsfrohen Erwartung verknüpft, die ekklesiologisch
(also kirchlich) und eschatologisch (also endzeitlich) orientiert bleiben
soll. Wenn sich nun Emanuel Geibel dieses adventlichen Liedes bemächtigt,
sich des „Glanzes des geborgten Lichtes” (A. Schöne) für seine
Zwecke und Absichten vergewissert, so geschieht dies nicht aus einer Haltung
blasphemischer Gebrochenheit, sondern aus der Haltung der Übereinstimmung
(wie immer wir sie auch heute bewerten mögen). Geibel (1815-1884),
Sohn des Lübecker Pastors und Verfassers geistlicher Lieder Johann
Geibel, war zeit seines Lebens ein treuer Diener des nicht zuletzt in Preußen
gehüteten Gedankens der Einheit von „Thron und Altar” und erfreute
sich seit 1842 bis zu seinem Lebensende ideeller und materieller Gunstbezeugungen
durch das preußische Königshaus. Das „Thürmerlied” [vgl.
Verweyen/Witting, Die Kontrafaktur, S. 183f.] schrieb er – 1840 – anläßlich
der Thronbesteigung des preußischen Königs Friedrich Wilhelm
IV., auf den sich gerade auch die politischen und gesellschaftlichen Hoffnungen
und nationalen Erwartungen der literarisch-politischen Intelligenz des
‚jungen Deutschland’ richteten.
Thürmerlied
Wachet auf! ruft
euch die Stimme
Des Wächters
von der hohen Zinne,
Wach auf, du
weites deutsches Land!
Die ihr an der
Donau hauset,
Und wo der Rhein
durch Felsen brauset
Und wo sich
thürmt der Düne Sand!
Habt Wacht am
Heimathsherd
In treuer Hand
das Schwert,
Jede Stunde!
Zu scharfem
Streit
Macht euch bereit!
Der Tag des
Kampfes ist nicht weit.
Hört ihr‘s
dumpf im Osten klingen?
Er möcht‘
euch gar zu gern verschlingen,
Der Geier, der
nach Beute kreis‘t.
Hört im
Westen ihr die Schlange?
Sie möchte
mit Sirenensange
Vergiften euch
den frommen Geist.
Schon naht des
Geiers Flug.
Schon birgt
die Schlange klug
Sich zum Sprunge;
Drum haltet
Wacht
Um Mitternacht
Und wetzt die
Schwerter für die Schlacht!
Reinigt euch
in Gebeten,
Auf daß
ihr vor den Herrn könnt treten,
Wenn er um euer
Werk euch frägt;
Keusch im Lieben,
fest im Glauben,
Laßt euch
den treuen Muth nicht rauben,
Seid einig,
da die Stunde schlägt!
Das Kreuz sei
eure Zier.
Eu‘r Helmbusch
und Panier
in den Schlachten.
Wer in dem Feld
Zu Gott sich
hält,
Der hat allein
sich wohl gestellt.
Sieh herab vom
Himmel droben,
Herr, den der
Engel Zungen loben,
Sei gnädig
diesem deutschen Land!
Donnernd aus
der Fuerwolke
Sprich zu den
Fürsten, sprich zum Volke,
Und lehr‘ uns
stark sein Hand in Hand!
Sei du uns Fels
und Burg,
Du führst
uns wohl hindurch.
Halleluja!
Denn dein ist
heut
Und alle Zeit
Das Reich, die
Kraft, die Herrlichkeit.
Geibels Adaption ist erkennbar auf
die Vorlage von Philipp Nicolai bezogen. Sie übernimmt nicht nur die
Melodie und weitgehend die Strophenform, sondern auch Teile der Lexik aus
der ersten Strophe. Das sind für die kontrafazierende Bezugnahme notwendige
Materialisierungen. Darüber hinaus ist besonders auch die Aufnahme
des Gestus der Erwartung konstitutiv für die Nachahmung; dabei werden
nun freilich die heilsgeschichtlichen Erwartungen der Vorlage in die Aufforderung
zum Kampf für das ersehnte, sehr irdisch verstandene Reich verändert.
Sollte dabei insbesondere die mehrdeutige letzte Zeile des „Thürmerliedes”,
eine Übernahme aus dem „Vaterunser”, mit der Geibel die politische
Geschichte wiederum mit der Heilsgeschichte aufs engste verknüpft,
als eine besonders ‚mißbräuchliche’ Inanspruchnahme religiöser
und kirchlich gebundener Sprache für das eigene Anliegen anmuten,
dann wäre freilich der ‚Mißbrauch’ in dem außerliterarischen
Kontext, in dem das Lied zu sehen ist, längst vorgegeben: in der Biographie
Geibels selber wie in der für das damalige Preußen kennzeichnenden
Verschmelzung von „Thron und Altar”, auf die ich schon hingewiesen habe.
An dieser Stelle kann die terminologische
Arbeit im engeren Sinne wieder einsetzen. Es dürfte deutlich geworden
sein, daß im letzten Textfall A. Schönes Bestimmungen des Säkularisationsphänomens
ebenso zutreffen wie unsere Überlegungen, beim „Thürmerlied”
nicht von „Parodie” zu sprechen (im Unterschied etwa zu Alfred Liede in
seinem Artikel im „Reallexikon” von 1958). Man sollte mit A. Schöne
von „weltlicher Kontrafaktur” ausgehen. Hierin erweitert sich nun aber
der Begriffsumfang von „Kontrafaktur” so, daß eine große Anzahl
literarischer Nachahmungen bestimmter Art und Ausprägung, die historisch
oder ästhetisch sehr reizvoll und nicht selten aufschlußreich
sind, terminologisch ziemlich genau zugeordnet oder zumindest mit Gewinn
diskutiert werden kann.
Indes: Trotz dieser Erweiterung des
Begriffsumfangs gibt es noch ein anderes, neues Problem. Es bleibt nämlich
unbefriedigend, daß eine lange Reihe von Nachahmungen, deren Nähe
zur hier paradigmatisch vorgeführten Gruppe ‚weltlicher Kontrafakturen’
offensichtlich ist, durch die einschränkenden Bezugsgrößen
„weltlich – geistlich” bzw. „geistlich – weltlich” von einer Subsumtion
unter „Kontrafaktur” ausgeschlossen bleien soll. Nach wie vor erscheinen
also F.L.E. Freislebens „An Louisen” (vom Verfasser selbst „Parodie” genannt)
oder G. Süverkrüps „Zehn rote Kleberlein” (von den Anthologie-Herausgebern
in die Sammlung „Lyrische Parodien” verpflanzt) oder J. Klajs „Parodia
Opitiana” (vom Autor selbst generisch bestimmt) als herrenloses Strandgut,
sofern man deren Zuordnung zu „Parodie” nicht mehr für sinnvoll hält
und dabei zugleich die Zuordnung zu „Kontrafaktur” verneinen sollte. Wie
ist dieses, vor allem forschungsgeschichtlich bedingte, terminologische
Problem zu lösen? Vereinzelt ist durchaus schon die Forderung erhoben
worden, die historisch bedingte Einschränkung des Verfahrens der Kontrafaktur
auf den inhaltlichen und zudem auf den einseitigen Bezugsrahmen „christlich
und moraliter verendert” aufzuheben. Diese Forderung hat etwa Erwin Rotermund
bereits 1963 formuliert24.
Ihm vorausgegangen ist Erich Trunz, der in Kommentaren zu Goethes spätem
Gedichtzyklus „Westöstlicher Divan” (von 1819) bei den Nachdichtungen
der „Divan”-Gedichte des arabischen Autors Hafis von „Kontrafakturen” gesprochen
hat: „Man fühlt sich erinnert an Dichter des Mittelalters, die weltliche
Gedichte umarbeiteten zu geistlichen ‚Kontrafakturen’; nur sind dies Kontrafakturen
anderer Art, westliche zu östlichen”25.
Eine ziemlich präzise Textbeobachtung! Dabei braucht uns an dieser
Stelle nicht eigens zu interessieren, ob es ratsam ist, Goethes „mit stetem
Bezug auf den ‚Divan’ des persischen Sängers” nachkomponierte ‚Divan’-Lyrik
tatsächlich ‚Kontrafaktur’ zu nennen. Viel wichtiger ist hier, daß
der Ausdruck „Kontrafaktur” benutzt wird ohne die begriffsgeschichtlich
einseitige und ohne die terminologisch hemmende Festlegung auf den Bezugsrahmen
„christlich und moraliter verendert”. Dieser Umstand kann uns Anlaß
sein, nach Möglichkeiten eines von jener historischen Restriktion
freien Begriffs „Kontrafaktur” zu suchen. Genau darin aber läge die
terminologische Erneuerung eines Begriffs der Literaturgeschichte. Sie
wird im übrigen die begriffsgeschichtlichen Explikationen und Unterscheidungen
von „Parodie” und „Kontrafaktur” auf den terminologischen Punkt bringen
und zu Definitionen der Ausdrücke weiterführen.
Zweites (gemischt-mediales) Beispiel:
Mit diesem vorerst letzten Beispiel möchte ich das begriffliche Problem
noch einmal illustrieren und vor allem die Aufhebbarkeit der Restriktion
(„weltlich-geistlich”, „geistlich-weltlich”) diskutieren. Das dazu ausgewählte
Textbeispiel stammt aus der jüngsten Zeit. Trotz seiner Gegenwartsnähe
erweist es sich gegenüber Verstehensbemühungen als ziemlich sperrig.
In der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 13. Juli 1984 war das folgende Epitaph
inseriert:
„Bürger,
kommst Du nach Bonn, sage, Du habest die Bremer Gymnasien sterben sehen,
wie das Schulgesetz (§ 3) es befahl.
Eltern und Bürgerinitiative
Bremer Gymnasien.
9 Gymnasien
sind schon zerstört.
Von noch bestehenden
durchgängigen 6 Gymnasien sollen 4 sterben.
Gymnasium am
Barkhof/Gymnasium Hamburger Straße/Gymnasium Huckelriede/Gymnasium
Kleine Helle”
Der literarisch-appellative Teil des
Inserats bezieht sich auf ein ‚Epigramm’ des altgriechischen Lyrikers Simonides
(ca. 556-468 v. Chr.), neben dem etwas jüngeren Pindar der berühmteste
Lyriker seiner Zeit. Simonides soll das Distichon auf die Thermopylen-Kämpfer
gedichtet haben – auf jene 300 Spartaner unter Leonidas, die 481 v. Chr.
dem riesigen Heer unter Xerxes sich entgegenstellten und schließlich
der persischen Übermacht sich beugen mußten. Durch die „Anthologia
Graeca”26
(VII, 249) ist das Distichon auf uns gekommen:

In der Übersetzung von Hermann
Beckby, dem wir eine feine zweisprachige Ausgabe der „Anthologia Graeca”
verdanken, lautet das Epitaph auf die Thermopylen-Kämpfer:
„Fremdling, bringe
den Männern in Sparta die Meldung:
Wir liegen hier
im Tode, getreu dem uns gegebenen Befehl.” (7,249)
Allerdings ist hier nun folgendes hinzuzufügen.
Das eindringliche Distichon ist über die lateinische Vermittlung durch
Cicero in Gestalt der Übertragung Friedrich Schillers in den geistigen
Besitz des Bildungsbürgers eingegangen und wurde somit auch, wie selbstverständlich,
Prätext der Übernahme im ZEIT-Inserat. Eingebettet in die große
Elegie Schillers von 1795 – „Der Spaziergang” – erhielt das Distichon nach
dem Erstdruck in Schillers „Horen” für die Buchausgabe von 1800 seine
endgültige und in den bildungsbürgerlichen Zitatenschatz übernommene
Form und Fassung; sie lautet nun:
„Wanderer, kommst
du nach Sparta, verkündige dorten, du habest
Uns hier liegen
gesehn, wie das Gesetz es befahl.”
(Schiller: „Der Spaziergang”, Vers
97f.)
Mit dem Hinweis auf diesen Textbezug
ist freilich nur der geringere Teil der Verstehensprobleme des ZEIT-Inserats
aufgehellt. Fragen nach dem Sprecher, dem Adressaten, dem thematischen
Austausch und nach dem Sinn der satirischen Pointe, die mit der Textbezugnahme
geplant sein könnte, drängen sich auf, ohne daß sie eine
zufriedenstellende Antwort erführen. Damit droht natürlich auch
die rhetorische Evidenz des Inserats ins Leere zu gehen oder einfach der
intendierte Appell um seinen Effekt gebracht zu werden. Wer sieht sich
hier im Sinne der Komik der Gegenbildlichkeit in die Rolle des Leonidas
und seiner 300 Getreuen gedrängt? Wer wird im Sinne der satirischen
Verhöhnung in die Rolle der verwüstenden und zerstörenden
Barbaren manövriert? Selbst die Zusatzinformationen (siehe den vollständigen
Text des Inserats) – sie verändern übrigens das Epitaph in eine
Traueranzeige (Textsortenproblem) – können dem mit den Kontexten nur
vage vertrauten Außenstehenden allenfalls andeuten, daß der
Text des Inserats ein Stück aus einem „Schulkampf” repräsentiert.
Im Hinblick auf die Fragen etwa nach dem Adressaten und dem Appellwert
sind sie bei weitem nicht hinreichend. Wie läßt sich beispielsweise
die Substitution „Sparta” ð
„Bonn” erläutern? Schulpolitik ist doch in die Kulturhoheit der Bundesländer
bzw. Stadtstaaten gegeben! Das Epitaph – doch wohl eine ‚Kontrafaktur’
–
„Bürger,
kommst du nach Bonn, sage, du habest die
Bremer Gymnasien
sterben sehen, wie das Schulgesetz (§3) es befahl”,
ist offensichtlich durch und durch
kontextdeterminiert und soll eine genau gezielte Wirkung erreichen. Diese
kann dann nur über eine Kontextanalyse rekonstruiert werden. Ich verarbeite
dazu nun brieflich eingeholte Informationen des Bremischen Lehrerverbandes:
Das bremische Schulgesetz vom 18.02.1975
bestimmt in „Teil I Die Schule” im 2. Kapitel „Entwicklung des Schulsystems”
durch §3:„§3 Horizontales GesamtsystemDas bremische Schulwesen
ist schrittweise zu einem integrierten, in Stufen gegliederten Gesamtsystem
zu entwickeln, zu dem der Primarbereich, der Sekundarbereich I und der
Sekundarbereich II gehören.”
Dieser §3 formuliert den Grundsatz
einer Kultuspolitik, die mit der Zielsetzung, die Schule zu einem wesentlichen
Träger einer sozialen Integration der Gesellschaft zu machen, einen
Prozeß eingeleitet hat, an dessen Ende das gängige Schulsystem
nach Schularten in ein solches nach Altersstufen umgewandelt sein sollte.
Entsprechend sollten in den folgenden Jahren mit Ausnahme zweier bürgerlicher
Traditionsschulen alle Gymnasien abgeschafft werden – das ist der Kontext
der Phrase „die Bremer Gymnasien sterben” im inserierten Epitaph.
Auf diesen Entscheidungen und Vorgängen
fußten nun mindestens zwei Befürchtungen der „Eltern- und Bürgerinitiative
Bremer Gymnasien”: Zum einen nähme die von der Bremischen SPD bestimmte
Schulpolitik um der makropolitischen Zielsetzung willen zum Schaden der
Kinder Abstriche hinsichtlich der „herkömmlichen” Lernleistung von
Schülern in Kauf. Zum anderen war die Sorge nicht gering, daß
von der Umwandlung der Schullandschaft besonders die Gymnasialschüler
betroffen seien, die bislang einen durchgehenden Bildungsgang von der 5.
bis 13. Klasse an einer Schule nach einem Lehrplan bei Gymnasiallehrern
hatten und die nun drei verschiedene Schulen mit jeweils verschieden ausgebildeten
Lehrern zu besuchen hätten. Diese Befürchtungen bestimmen nachhaltig
den appellativen Status des inserierten Epitaphs.
Es fehlt noch eine Explikation, erläuterungsbedürftig
ist die Substitution „Bonn”. Zur Zeit des Schulkampfes bemühte sich
die Bremer SPD-Regierung um Bundeshilfe aus Bonn für die notleidende
Bremische Wirtschaft (man denke etwa an das sog. „Werftensterben”). Von
vielen CDU-Politikern bis hin zum damaligen Bundespräsidenten Karl
Carstens – einst Schüler eines Bremischen Gymnasiums – wurde mehr
oder weniger deutlich Kritik an der Bremischen Schulpolitik geäußert.
Und damit dürfte die hermeneutische Dunkelheit aufgehellt sein: Das
Epitaph der Eltern- und Bürgerinitiative Bremer Gymnasien ist in Richtung
Bonn adressiert und artikuliert einen Appell an die damalige neue Bundesregierung
nach der „geistig-moralischen Wende”, mittels ökonomischen Drucks
eine Änderung in der Bremischen Schulpolitik zu erzwingen. Dabei soll
der ständige Rückbezug auf den altehrwürdigen Mustertext
des Simonides-Epitaphs nicht nur die Dimension des historischen Ereignisses,
sondern auch jene Schulpolitik in komischer Übertreibung als Ansturm
der Barbarei konnotieren lassen.
Mit der letzten Bemerkung ist auch
schon die Funktion des Rückbezugs auf einen nahezu sakrosankten Text
der Antike bzw. deutschen Klassik angedeutet. Das Gymnasium, fast zwei
Jahrhunderte Hüter der Bildungsidee Humboldtscher Prägung, will
sich der Unterstützung einer gewissen Bildungspolitik versichern.
Und damit bin ich auch schon beim Textsorten- und Schreibweisenproblem:
Eine derartige Indienstnahme ‚klassischer’, d. h. aus der antiken Klassik
stammender und in der Weimarer Klassik kanonisierter Überlieferung
kann deren Anspruch und persuasives Potential sinnvollerweise nicht einschränken
wollen – im Gegenteil. Hier wird die Bedeutung, der Rang des autoritativen
Wortes ganz wie im „Silbermarkenevangelium” ausgenutzt und gegen einen
faktischen bzw. vermeintlichen Mißbrauch gewendet. Und diese Vorgehensweise
wiederum bedeutet im Hinblick auf die Klassifizierung eines Textes folgendes:
Da diesem ein dem „Evangelium secundum marcas argenti” völlig vergleichbares
Verfahren zugrunde liegt und nur die „Objekte”, auf die es angewendet wird,
verschieden sind, wäre eine Zuweisung zu ein und demselben Verfahren
‚Kontrafaktur’ eigentlich naheliegend – ja wenn nicht die historisch überkommene
Restriktion „weltlich” – „geistlich” bzw. „geistlich” – „weltlich” im Wege
stünde. Muß sie aber eigentlich im Wege stehen?
Bereits 1963 hat Erwin Rotermund –
ich deutete es schon an – leider nur beiläufig gemeint: „In einem
weiteren Sinn kann man den Terminus [sc. ‚Kontrafaktur’] auch auf andere
Verhältnisse als auf die historisch bedingte Beziehung ‚geistlich’
– ‚weltlich’ oder ‚weltlich’ – ‚geistlich’ anwenden”27.
Rotermund sah dabei seine Auffassung nicht zuletzt auch durch einen wesentlichen
Unterschied zwischen Parodie und Kontrafaktur bestätigt: „Die Kontrafaktur
soll eine neue ästhetische Einheit von imitierten, veränderten
und hinzugefügten Elementen darstellen”28.
Diese durchaus treffende Beobachtung läßt sich über eine
geringfügige Umformulierung leicht in eine definitionsähnliche
Explikation von „Kontrafaktur” übernehmen. Dazu dann später.
Gerade auch E. Rotermunds Postulat der Aufhebung jener historisch bedingten
Restriktion kann durch eine ganz andere und bisher nicht gesehene bzw.
genutzte Geschichte der Wortverwendung von „Kontrafaktur” verstärkt
werden. Und somit komme ich zu einem dritten Aspekt dieser Wortverwendungsgeschichte,
die in dem „Kontrafaktur”-Buch von Witting/Verweyen 1987 zum ersten Mal
belegt worden ist und hier in knappen Hinweisen dargestellt sein muß.
Drittens: „Contrafactur”
In dem spätbarocken lexikalischen
Werk „Der Teutschen Sprache Stammbaum und Fortwachs oder Teutscher Sprachschatz”
aus dem 1691 – sein Autor ist Kaspar Stieler (1632-1707), der Verfasser
der galanten Gedichte „Die geharnschte Venus” und einer Reihe stilistischer,
grammatikalischer und lexikalischer Handbücher – findet sich unter
dem Wort „Nachbilden” u. a. folgender Eintrag:29
K. Stieler:
„Nachbilden
/ imitari, repraesentare: appellant hodiè konterfeyen / à
Gallico contrefaire, qvod propriè significat contrafacere,
aemulari: Etwas machen / das eben so gut ist / qvasi dicas: In faciendo
invicem certare”.30
Dieser spätbarocke Lexikon-Eintrag
ist in vielfacher Hinsicht hochinteressant. Zunächst einmal enthält
er mit „imitari” und „aemulari” zwei Schlüsselbegriffe der antik-lateinischen,
humanistischen und barocken Poetik; in ihrem poetologischen Zusammenhang
gewinnt selbstverständlich dann auch die Bedeutung des Verbs „contrafacere”
eine eigene ‚Färbung’, die mit der Bedeutung der Synonyme im hier
angegebenen begrifflichen ‚Feld’ aufs engste zu tun hat. Sie ist in der
literaturwissenschaftlichen Diskussion bislang nicht gesehen und nicht
in Erwägung gezogen worden. Der Ausdruck „Kontrafaktur” bezeichnet
nach diesem Eintrag nicht ‚ein Gegenstück zu’, ‚einen Gegenentwurf
zu’ etwas Gegebenem; der Ausdruck „Kontrafaktur” hat vielmehr eine Bedeutung
im Sinne von ‚Widerspiegelung’, ‚Abbildung’, ‚Nachahmung’. Entgegen allen
neueren (vorwissenschaftlichen) Etymologisierungen, die auf der Annahme
beruhen, das präpositionale Element „contra” im Kompositum „Kontrafaktur”
bezeichne einen Gegensatz, zeigt „contra” die Bedeutung im Sinne von ‚wider’
wie in „Widerspiegelung” an:
Die Bedeutung von „contra” ist hierin
analog der additiven, nicht der adversativen Bedeutung von „para” in dem
Kompositum „Parodie”.
Eine durchschlagende Bestätigung
findet diese lexikalische Bedeutung bei K. Stieler in der Anführung
von „konterfeyen” als Synonym für „contrafacere”, wobei „konterfeyen”
als Lehnwortbildung zum frz. „contrefaire” zu betrachten ist. Schematisch
lassen sich die Beobachtungen wie folgt darstellen:

Danach ist „Kontrafaktur” zunächst
einmal ein Ausdruck der Porträtkunde. Dafür einige – zunächst
unscheinbare – Belege aus einer ganzen Legion von Nachweisen. Beispielsweise
in einem Epigramm aus dem „Cherubinischen Wandersmann” von 1657:
„Daß Conterfect
Gottes.
Ich weiß
Gotts Conterfect: Er hat sich Abgebildt,
In seinen Creaturn,
wo du’s erkennen wilt.”
(Erläuterung: „Conterfect”: eine
dem mittellat. „contrafactum” nahestehende Lehnwortbildung)
Angelus Silesius spielt hier zwischen
Überschrift und Zweizeiler ‚spitzfindig’, wie es in der humanistisch-barocken
Poetik heißt, das Schöpfungswort der Genesis aus, in dem der
Mensch als Ebenbild Gottes eingesetzt wird.
Ein zweiter Beleg aus einem barocken
Herrscherlob, und zwar aus einer panegyrischen Ode Georg Rudolf Weckherlins
auf den Fürsten Moritz von Oranien. In ihr gibt der Dichter vor, viel
zu schwach zu sein, um dessen „lob zu singen”, um dann den von der ‚Gattung’
Herrscherlob vorgeschriebenen Unsagbarkeitstopos um so „spitzfindiger”
einzusetzen:
„So ist es auch
allein billich
Appelli / vnd
sunst keinem andern /
Zu contrafehen
aigentlich
Dich / einen
wahren Alexandern”.
Fürst Moritz von Oranien wird
in diesem Panegyricus mit Alexander dem Großen verglichen. Alexander
zu malen, war aber nach dem Zeugnis der antiken Autoren Horaz und Plinius
d.Ä. nur Appelles erlaubt. Diesem Maler war die unnachahmliche Gabe
verliehen, Bilder von solch vollkommmener Ähnlichkeit herzustellen,
daß sich z. B., wie Plinius erzählt, Pferde durch ein von ihm
gemaltes Bild täuschen ließen und es anwieherten. Naturgetreues
‚Nachbilden’ ist hier also die Bedeutung des Ausdrucks „contrafehen”.
Dies gilt auch für einen Beleg
unter vielen aus dem 16. Jahrhundert. Am Totenbett Kaiser Maximilians I.
(gestorben 1519) zeichnet ein Welser Meister dessen Totenbild, das in dem
„Ehrenspiegel des Hauses Habsburg” überliefert ist. Im Schriftfeld
des Bildes heißt es:
„Aigentlich Connterfettung
deß Römischen Kaisers Maximiliani alß er verschieden.”
Mit „Konterfei”, „Conterfect”, „contrafehen”,
„Connterfettung” usw. ist, wie es auch heute noch der archaisch gewordene
Ausdruck „Konterfei” anzeigt, die naturgetreue Abbildung gemeint.
Für diese hier zunächst belegte
Verwendung von „Kontrafaktur” als Terminus der Poträtkunde will ich
abschließend noch zwei einzigartige Zeugnisse anführen. Den
ersten Beleg bildet das von seinem Verfasser C. Reusner selbst so genannte
„Contrafacturbuch” von 1587. Dieses gibt „Ware vnd Lebendige Bildnussen
etlicher weitberhümbten vnnd Hochgelehrten Männer in Teutschland”
wieder: nämlich 102 Porträts von Ptolemäus und Albertus
Magnus über Jan Hus, Savonarola, Reformer, Protestanten, Reformierte
und Humanisten (z. B. das des Erasmus von Rotterdam) bis hin zu Johann
Fischart und zu Gelehrten des 16. Jahrhunderts. Im Bild- und Textanhang
des „Kontrafaktur”-Buches von G. Witting und Th. Verweyen ist in Faksimile
das Titelblatt dieses Buches reproduziert31.
In der Dedikation dieser Porträtgalerie – übrigens eine antiquarische
und bibliophile Rarität – an den Schatzmeister von Bern beruft sich
der Straßburger Buchdrucker und Verleger des „Contrafacturbuches”
auf das Vorbild der „Alten”, um verdienstvolle Männer, wie es dann
weiter heißt, in „eigentlichen Contrafacturen” dem Vergessen zu entreißen.
Dabei hebt er die Kunst der „Abconterfeter” rühmend an keinem Geringeren
als dem jüngeren Hans Holbein (1497-1543) hervor – jenem Maler und
Zeichner, der zu den bedeutendsten deutschen Künstlern der Dürerzeit
gehört und dessen Bildnisse eines Erasmus, des englischen Königs
Heinrichs des VIII., der Anna Boleyn oder Christine von Dänemark als
von „unbestechlicher Sachlichkeit” gemalte Porträts gelten. Der Verleger
betont indes nicht nur die Kunst Holbeins, sondern auch deren breitenwirksame
Bedeutung: seine „künstliche gemähl vnd Contrafacturen (seien)
in Teutsch vnd Engelland (...) weitleuffig außgespreitet zu finden”;
dazu rechtfertigt der Verleger zu „zierlicher außfertigung” der Porträts
die vierzeiligen „Elogia vnd Lobsprüch” N. Reusners, mit denen „solchen
abgestorbenen stummen Conterfacturen gleichsam das leben / vnd die Red
widerumb gegeben” werde.
Zu diesem Porträtwerk ist – und
damit komme ich zum zweiten einzigartigen Zeugnis – die „Kostümbiographie”
des Augsburgers Matthäus Schwarz hinzuzunehmen, des Buchhalters der
Fugger von 1516 bis zu seinem Lebensende 1574. Das von M. Schwarz 1520
begonnene, erste Geschichtsbuch der Kostümkunde ist in der Kulturgeschichtsschreibung
als Ausdruck der „Gefallsucht seines Schöpfers”, des Interesses am
„Wandel der Mode” und an „bürgerlicher Selbstdarstellung” charakterisiert
worden und darin gewiß ein kennzeichnendes Dokument seiner Epoche.
Uns interessieren näherhin die 137 Kostümbilder des Buches. Schwarz
hat sie im Bildfeld wiederholt mit handschriftlichen Bemerkungen versehen,
z. B.: „Das angesicht ist recht controfatt”. Der in dieser Form hier durchgehend
benutzte Ausdruck ist an „contrafatto” (an das italienische Äquivalent
des frz. „contrefait”) angelehnt – gewiß ein Niederschlag der kaufmännischen
Lehrjahre M. Schwarz’ in Oberitalien von 1514 bis zum Eintritt in den Dienst
der Fugger 1516. „controfatt” wird dabei nicht nur für die naturgetreue
Nachbildung des Angesichts verwendet, sondern nicht weniger häufig
auch für die „Kleidungen” und deren modische Veränderungen: „trachten
controfatt” heißt es beispielsweise für Kostüme vor 30,
40 oder 50 Jahren, für die sich Schwarz in Erzählungen der „allten”
besonders interessiert. „Kontrafaktur” ist somit nicht nur ein Ausdruck
der Porträtkunde und -malerei, sondern auch der Kostümkunde.
Und er ist darin insbesondere und vor allem anderen ein bestimmte Abbildungsrelationen
bezeichnender Ausdruck.
Diese Feststellung gilt selbst noch
in Fällen ex negativo, in denen „Konterfeit” zunächst ein Terminus
der Schmelzkunde war und die Legierung des Goldes oder eines anderen Edelmetalles
meinte, aber bald auch die Bedeutung der 'trügerisch ähnlichen
Nachbildung' erhielt und in dieser Variante der wortgeschichtlichen Verwendung
etwa in Texten der mittelalterlichen Lyrik und Epik gegeben ist.
So unterschiedlich die jeweilige Lautgestalt
des Ausdrucks auch sein mag, der zugeordnete Inhalt bleibt stets der gleiche.
Denn wie selbst noch Martin Luthers metaphorische Verwendung zeigt, ist
der Ausdruck hier nichts anderes als ein Synonym für „Ebenbild”; etwa
in folgendem Beleg: „die rede ist eyn ebenbild odder controfeyt bild des
hertzens”; oder auch in dem folgenden Beleg: „man heissts jtzt controfect,
wenn ein bilde eben vnd gleich gemacht ist dem, des bilde es ist”. Für
Luther ist hier übrigens der Ausdruck ein Neologismus („man heissts
jtzt”), bürgert sich für ihn erst zu seiner Zeit, also in der
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein.
Zu einem fixen Terminus wurde „Contrafactur”
dann auch in der Graphik, und hier speziell in der Vedutenkunst, also in
der Kunst der Stadt-, Schloß-, Burgansicht. Im Hinblick auf den engen
literarhistorischen Gebrauch des Ausdrucks für die geistliche Umdichtung
eines weltlichen Liedes muß es schon eine überraschende Entdeckung
sein, was sich in der 1643 erschienenen „Topographia Sueviae” von Matthäus
Merian (1593-1650), dem berühmtesten Kupferstecher und Radierer seiner
Zeit, finden ließ: beispielsweise eine Darstellung „der Statt Costantz
am Bodensee” [vgl. Verweyen/Witting, Die Kontrafaktur, S. 12, nach vergleichbaren
Merian-Ausgaben.]
Die Bildüberschrift zu dieser
Radierung enthält die Angabe „Eigentliche Contrafactur”. Blättert
man nun das Topographienwerk Merians auf diesen Wortgebrauch genauer durch,
erweist er sich keineswegs als Einzelfall. In der Topographie des Elsaß
beispielsweise kann man den Hinweis lesen „Eigentliche Contrafactur der
Statt Breysach, wie solche von Mittag gegen Mitternacht an zu sehen”. Und
das ganze Topographienwerk Frankens von 1648 führt schon im Kupfertitel
an: „Beschreibung, Und Eygentliche Contrafactur der Vornembsten Stätte
/ Und Plätze”. Ganz besonders des Festhaltens wert ist hierbei eine
Unterscheidung, die bei der Wiedergabe der Stadt Breisach getroffen wird:
es wird unterschieden zwischen der „eigentlichen Contrafactur” der Stadt
und ihrem in einem weiteren Stich angelegten „eigentlichen Grundriß”.
Ein Vergleich beider Darstellungen läßt nämlich erkennen,
daß im Gegensatz zum abstrahierenden Grundriß mit der Kontrafaktur
Augenfällig-Ähnliches abgebildet werden sollte.
Diese Annahme wurde durch weitere Funde
bestätigt. Beispielsweise durch ein zeitgenössisches Emblemwerk,
bei dem der Bildhintergrund des einzelnen Emblems aus einer Vedute besteht.
Der Mitherausgeber des Werkes E. Kieser begründet die Weiterführung
des Werkes nach dem Tode seines Kompagnons D. Meisner mit einem in unserem
Zusammenhang interessanten Hinweis auf die „barocke Augenlust”:
„dieweil ich
noch vieler Schöner Stätte / Vestungen / Schlösser / Clöster
vnd anderer Gelegenheiten / Lebendige Contrafacturen / vber die Vorigen
vnnd Publicirten bey handen / welche ich dem Kunstliebenden Leser / der
lieber im Buch / dann mit grossem Costen vnd beschwerlichen Reysen / von
einer Stat vnd Ort zum andern Spatziret / gern vor Augen stellen / vnd
jhm damit belüstigen wöllen”.
c) Resümee
An dieser Stelle breche ich die Belegreihe
ab und gebe ein Resümee. Die begriffs- oder besser wortverwendungsgeschichtliche
Skizze sollte die unbefriedigende literaturwissenschaftliche Verwendung
des Ausdrucks „Kontrafaktur” belegen, die sich wohl allein an einer aus
der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts überlieferten Handschrift
aus dem Frauenkloster Pfullingen orientiert. Die Beschränkung des
Terminus „Kontrafaktur” auf die thematische Relation „weltlich – geistlich”
erweist sich schon aus einem sehr handgreiflichen Grund als problematisch
und revisionsbedürftig: Albrecht Schöne führt ihn als einen
Beschreibungsterminus ein, der gerade auf der Umkehrung der thematischen
Relation („geistlich – weltlich”) basiert. Geistlicher Kontrafaktur steht
danach die weltliche Kontrafaktur gegenüber. Dadurch ist die Anwendbarkeit
des Ausdrucks erheblich erweitert. Daß aber selbst diese noch zu
eng und zu einseitig geblieben ist und ihn für die Beschreibung neuzeitlicher
Beispiele nur begrenzt brauchbar macht, muß aufgrund der historischen
Recherchen zu „Contrafactur” festgehalten werden. Mit dieser Feststellung
ist die Bestimmung der weltlichen Kontrafaktur als einer Säkularisationsform
nicht in Frage gestellt; indes handelt es sich dabei nur um eine unter
mehreren möglichen Funktionsbeschreibungen von Kontrafakturen, die
zudem nicht allein im Rahmen der Literaturgeschichte vorzunehmen sind.
Der Gebrauch des Ausdrucks „Kontrafaktur” in den verschiedenen und zugleich
vielen außerliterarischen Bereichen des kulturellen Kontextes von
der Münz-, Trachten- und Porträtkunst über die Graphik und
Städteansicht bis hin zur Schilderungskunst historischer Vorgänge
läßt vielmehr einen gemeinsamen Aspekt erkennen: die Betonung
des „Augenfällig-Ähnlichen”! Dieser Aspekt legt es nahe, die
durch die Relation „weltlich – geistlich” bzw. „geistlich – weltlich” formulierten
Restriktionen aufzugeben. Die (literaturgeschichtlich) externen Beispiele
der Wortverwendung von „Kontrafaktur” können dazu ermuntern, gegen
eine keineswegs ehrwürdige literaturwissenschaftliche Tradition den
Affront zu riskieren. Denn gemessen an dem reichhaltigen, hier nur in Auswahl
wiedergegebenen externen Belegmaterial ist die Verwendung des Ausdrucks
im Zusammenhang mit Literatur und Texten zunächst mehr als spärlich
und peripher. Und wenn auch die externen Beispiele der Wortverwendung natürlich
nicht ohne weiteres zu übernehmen sind, können sie dennoch Anlaß
sein, die terminologische Erneuerung eines Ausdrucks der Literaturgeschichte
anzustreben.
1In:
HA 7, 41959, S. 146: III, 1.
2Paul
Requadt: Die Bildersprache der deutschen Italiendichtung von Goethe bis
Benn, Bern u. München 1962, hier S. 17f.
3In:
HA 7, 41959, S. 145.
4Vgl.
Th. Verweyen u. G. Witting: Die Kontrafaktur. Vorlage und Verarbeitung
in Literatur, bildender Kunst, Werbung und politischem Plakat, Konstanz
1987 (= Konstanzer Bibliothek: 6), hier Kap. IV. 2, S. 98-101.
5Hans
Hartje: Eine geistliche Kontrafaktur zu Mignons Sehnsuchtslied, in: Euphorion
20, 1913, S. 743.
6P.
Beyer: Art. „Kontrafaktur”, in: RL, Bd. 2, Berlin 1926/28, S. 129f.
7Georg
Reichert: Art. „Kontrafaktur”, in: RL, Bd. 1, Berlin 21958,
S. 882f.
8Kurt
Hennig: Die geistliche Kontrafaktur im Jahrhundert der Reformation. Ein
Beitrag zur Geschichte des deutschen Volks- und Kirchenliedes im 16. Jahrhundert,
Halle a.S. 1909, S. 5f.
9Anstelle
des Titels Anfangsformel alter Hss., Buchrollen und Frühdrucke.
10Verweyen/Witting:
Die Kontrafaktur, 1987, S. 256.
11Paul
Lehmann: Die Parodie im Mitelalter, 2., neu bearb. und erg. Aufl., Stuttgart
1963, S. 25.
12Carmina
Burana. Die Lieder der Benediktbeurer Handschrift. Zweisprachige Ausgabe,
München 1979 (= dtv 2063), S. 957.
13Carmina
Burana, S. 847; dazu CB Nr. 41.
14Vgl.
Lehmann: Die Parodie im Mittelalter, S. 34f.
15Arnold
Schering: Über Bachs Parodieverfahren, in: Bach-Jahrbuch 18, 1921,
S. 49-95, hier S. 49.
19Albrecht
Schöne: Säkularisation als sprachbildende Kraft, Göttingen
(1958) 21968 (= Palaestra: 226), S. 30.
20Ebd.,
S. 181-224: Kap. „Weltliche Kontrafaktur”.
22Herbert
Schöffler: Die Leiden des jungen Werther. Ihr geistesgeschichtlicher
Hintergrund (1938), in: ders., Deutscher Geist im 18. Jahrhundert. Essays
zur Geistes- und Religionsgeschichte, Göttingen 21967,
S. 155-181, hier S. 176ff.
23Schöne:
Säkularisation, S. 296f.
24Erwin
Rotermund: Die Parodie in der modernen deutschen Lyrik, München 1963,
S. 24.
25Goethes
Werke, HA, Bd. 2, textkritisch durchgesehen und mit Anm. versehen v. Erich
Trunz, Hamburg (11949) 41958, S. 539.
26„Anthologia
Graeca“: Sammlung von sog. Epigrammen verschiedener Dichter von der Zeit
der Perserkriege bis zum byzantinischen Mittelalter. Ihr Kernstück
ist der sog. „Kranz des Meleagros“ aus dem 1. Jh. v. Chr.
27Rotermund:
Die Parodie, 1963, S. 24.
29Alle
folgenden Belege nach Verweyen/Witting: Die Kontrafaktur, 1987: Kap. I.
30Verweyen/Witting:
Die Kontrafaktur, 1987, S. 13.
31Verweyen/Witting:
Die Kontrafaktur, 1987, S. 257.
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