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Theorie und Geschichte der Parodie / Teil III

von Theodor Verweyen





Inhaltsverzeichnis:

I. Einführung und Begründung des Vorlesungsgegenstandes
II. Begriffsgeschichten und Begriff:
1. „Parodie”: Geschichte der Wortverwendung
II. Begriffsgeschichten und Begriff:
2. „Kontrafaktur”: Terminologische Erneuerung eines Begriffs der Literaturgeschichte
II. Begriffsgeschichten und Begriff:
3. Terminologische Entscheidungen zu „Parodie” und „Kontrafaktur”
II. Begriffsgeschichten und Begriff:
4. Parodie und Urheberrecht
III. Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer Zeit‘
III. Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer Zeit‘ / 1. Die pseudo-homerische „Batrachomyomachia” als Beispiel hellenistischer Epos-Parodie
III. Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer Zeit‘ / 2. Die Parodie im Mittelalter: am Beispiel parodistischer Verarbeitungen in Heinrich Wittenwilers „Der Ring”
III. Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer Zeit‘ / 3. „Die Dunkelmännerbriefe” („Epistolae obscurorum virorum”): ein Beispiel humanistischer Satire und Parodie
III. Geschichte der literarischen Parodie:
Parodistische Paradigmen ‘vor unserer Zeit‘ / 4. Parodie und Travestie im barocken Roman: Grimmelshausens „Simplicissimus Teutsch”
IV. Geschichte der neueren deutschen Parodie
IV. Geschichte der neueren deutschen Parodie:
1. Friedrich Nicolai: „Eyn feyner kleyner Almanach” - Parodie aus dem Geist der Aufklärung
IV. Geschichte der neueren deutschen Parodie:
2. Die Parodie als Klassik-kritisches Mittel: am Beispiel einer Schiller-Parodie A.W. Schlegels aus der Zeit um 1800
IV. Geschichte der neueren deutschen Parodie:
3. Parodistische Literaturkritik im 19. und 20. Jahrhundert: von Ludwig Eichrodt bis Eckhard Henscheid
Literaturhinweise

Verweis Lenore fuhr ums Morgenrot
Die Parodie-Sammlung der Erlanger Liste.
 
 

3. Die „Dunkelmännerbriefe” („Epistolae obscurorum virorum”): ein Beispiel humanistischer Satire und Parodie

a) Vorbemerkungen

Als der Gymnasialrektor Christoph Cellarius (1634-1707) sein Kompendium der alten Geschichte nach 1675 zum zweiten Mal 1685 herausbrachte, nahm er weitreichende Änderungen vor: Das erste Mal führte er das Kompendium bis Christi Geburt, das zweite Mal bis zu Konstantin (Anfang 4. Jh.).

Zuerst folgte Cellarius der heilsgeschichtlichen Periodisierung der Weltgeschichte, die in der Patristik entwickelt und im sog. „Mittelalter” maßgeblich wurde und unsere Zeitrechnung „nach Christi Geburt”, so wie sie Dionysius Exiguus um 525 errechnete, noch heute bestimmt. Bei der Weiterführung des Kompendiums 1685 verwendete Cellarius jedoch die Periodeneinteilung der humanistisch verstandenen Bildungsgeschichte in Antike, Mittelalter und Neuzeit und projizierte sie – erstmals universalhistorisch verallgemeinert – auf die Staatengeschichte. Die von Konstantin bis zur Eroberung Konstantinopels (1453) reichende Zeit beschrieb Cellarius sodann (1688) als die „barbarischen Jahrhunderte” des „medium aevum”. Daran schloß er (1693) die Darstellung der „historia nova” an. Mit dieser nunmehr profanen Epocheneinteilung der Weltgeschichte hat Cellarius in der Geschichte der Geschichtsschreibung selber Epoche gemacht. Seine Trias hat sich durchgesetzt.

Ich brauche hier nicht die skeptische Feststellung des Historikers zu erörtern, daß sich diese triadische Epocheneinteilung der Weltgeschichte in Antike, Mittelalter und Neuzeit „mit mehr Erfolg als Recht” durchgesetzt habe. Das ist von dem Freiburger Historiker und Mediävisten Dieter Mertens, dem ich soeben folgte, in einer umfänglichen Abhandlung über die „Geschichte der politischen Ideen im Mittelalter” unternommen worden.1Interessant ist für uns vielmehr die Charakterisierung der Jahrhunderte des sog. „medium aevum” als „barbarisch”. Sie ist selbstverständlich nicht einfach nur ein Einfall Christoph Cellarius’; sie geht vielmehr auf Einschätzungen eines historischen Prozesses zurück, denen die unmittelbare und in der Regel erschütternde Erfahrung von Umbruch und epochaler Ereignishaftigkeit zugrundeliegt. Ich will, um den Übergang von diesen allgemeineren Bemerkungen zum speziellen Thema zu verkürzen, für unseren Problemzusammenhang nur an ein Zeugnis – freilich von besonderem Zeugniswert – anschließen: an einen Brief von Ulrich von Hutten an Willibald Pirckheimer vom 25. Oktober 1518, „worin er über sein Leben Rechenschaft ablegt”. (Mit dem Namen Willibald Pirckheimer bewegen wir uns natürlich wieder im kulturgeschichtlichen Raum der hiesigen Stadtlandschaft und Urbanität: Nürnberg.) Bei diesem Schreiben handelt es sich, wie angedeutet, nicht um einen beliebigen Brief, sondern um eines der bedeutendsten Selbstzeugnisse des deutschen Humanismus, dessen Vertreter selbst sich als Neuerer und ‚Aufklärer’ in Wissenschaft, Kultur und Lebenswelt verstanden haben. Der ritterliche Humanist erhebt sich in seinem Rechenschaftsbericht über die Vorurteile seiner adeligen Standesgenossen gegenüber gelehrter Bildung und läßt als wahren Adel nur den des Charakters und der Vorzüge des Geistes gelten. Insgesamt ist das Schreiben ein mutiges Bekenntnis zu kämpferischer Aktivität im Geiste der humanistischen Ideen. Ulrich von Hutten, nach zwölfjähriger entbehrungsreicher Wanderzeit (1505-1517) in den Dienst des Erzbischofs Albrecht von Mainz getreten – der den mit kaiserlichem Dichterlorbeer gekrönten Humanisten förderte –, folgte seinem Dienstherrn und Mäzen im Sommer 1518 auf den Reichstag nach Augsburg, wo der Brief an Pirckheimer geschrieben wurde. Darin heißt es (und damit nehme ich die Charakterisierung der Jahrhunderte des „medium aevum” als „barbarische” wieder auf):

U. v. Hutten an W. Pirckheimer am 25.10.1518:2

„Wilhelm Budaeus, der gelehrteste Adlige und edelste Gelehrte in ganz Frankreich, setzt seine Anmerkungen zu den Pandekten fort. Ich geriet außer mir vor Freude, als ich es hörte. Da hast du gleich zwei Herkulesse auf einmal als Bekämpfer der entsetzlichsten Übel und ‘sozusagen dreifache Abwehrer des Bösen‘, den Budaeus und den Erasmus, ich würde alles andere eher tun, als daß ich es wagen wollte, zwischen ihnen einen Vergleich anzustellen. Der eine hat in Frankreich die Brut des Accursius bekämpft und das Geschlecht der Bartholisten ausgerottet, der andere die Barbaren, die blauen Dunst der Theologie vormachen, mit entschlossenem Angriff besiegt und die Heilige Schrift wieder an den Tag gebracht und Licht in sie gebracht. Nimm noch den Faber (d‘ Étaples) hinzu, der mit seiner Aristoteleserklärung die Philosophie ausgezeichnet etabliert hat; ferner denke an Copus und Ruellius; der eine hat den Dioskorides, der andere den Galen erklärt.–
O Jahrhundert! O Wissenschaften! Es ist eine Lust zu leben, wenn man auch noch nicht ausruhen darf, Willibald. Die Studien blühen auf, die Geister regen sich. He du, Barbarei, nimm einen Strick und erwarte deine Verbannung!”

In der Kommentierung der Pandekten durch den französischen Humanisten Wilhelm Budaeus, der gegen die scholastischen Anhänger der mittelalterlichen Juristen Bartholus und Accursius auftrat, sieht hier Hutten nicht nur eine neue Ära der Rechtswissenschaften eingeleitet; in der erneuten, verbesserten Herausgabe des griechischen Neuen Testaments durch Erasmus von Rotterdam (1518) erkennt Hutten nicht bloß eine bahnbrechende theologiegeschichtliche Tat; in der Aristoteles-Kommentierung des Pariser Theologen Faber Stapulensis (Lefèvre d’Etaples) sieht Hutten nicht allein eine philosophiegeschichtliche Leistung innerhalb der Philosophie; in den Bemühungen der Ärzte Wilhelm Copus und Joachim Ruellius kündigt sich für den zu dieser Zeit an einem schweren Syphilisleiden erkrankten Hutten nicht nur eine neue, gegen das galenische Lehrsystem gerichtete medizinische Praxis an. Das alles hätte freilich für sich schon ausgereicht, Bewunderung hervorzurufen. Nein, mehr noch: Für den führenden humanistischen Publizisten und Dichter reichsritterlicher Herkunft aus altem fränkischen Geschlecht waren dies alles sichere Anzeichen des gewissen Untergangs der „barbarischen Jahrhunderte”, der seit dem frühen italienischen Humanismus immer wieder als „finstere Zeiten” verschrieenen Epochen. In einem solchen – wenn auch nur skizzenhaft angedeuteten – Kontext wird nun vielleicht der unmittelbare Anlaß der „Dunkelmännerbriefe” verständlicher.

b) Der Pfefferkorn-Reuchlin- oder Hebraismus-Streit

Dieser Streit führt uns mitten in die epochale Auseinandersetzung der Humanisten mit den sog. „finsteren Zeiten”. Hinein geriet in diesen keineswegs aus nichtigem, aber aus sehr speziellem Anlaß entstandenen und zu nicht vorhersehbaren Ausmaßen sich entwickelnden Streit der Gelehrte Johannes Reuchlin, wenn Sie mir diesen etwas arg saloppen Vergleich nicht verargen, wie die Marquise von 0. an ihr Kind. Ein 1502 zum Christentum übergetretener Kölner Jude, Johannes Pfefferkorn (1469-1522/23), fühlte sich bemüßigt, mit Wort und Tat gegen seine ehemaligen Glaubensgenossen vorzugehen – ob nun aus fanatischem Konvertiteneifer, aus Gründen kultureller Assimilation oder aus Opportunismus, das mag hier dahingestellt bleiben. In vier Schriften (dem „Judenspiegel”, der „Judenbeicht”, dem Büchlein „Wie die blinden Juden yr Ostern halten” und dem „Judenfeind”: Schriften, die alle zwischen 1507 und 1509 in Köln erschienen sind) bezichtigte Pfefferkorn mit von Schrift zu Schrift zunehmender Schärfe die Juden der Wucherei und des Christenhasses. Er forderte, die Juden sollten ihre hebräische Literatur ausliefern, besonders den „loegenhafftighen, bedriegelichen und valschen” Talmud. An der Übertragung dieser vier Veröffentlichungen ins Lateinische (gedruckt 1508/1509) beteiligte sich Ortwin Gratius, Theologe und Professor der „schönen Wissenschaften” zu Köln. Einen besonders bedenklichen Zuschnitt erhielt die ganze Angelegenheit vor allem in dem Augenblick, als es Pfefferkorn im August 1509 gelang, ein Mandat Kaiser Maximilians I. zu erwirken. Das ermächtigte ihn, alle Judenbücher einzuziehen, die vermeintlich gegen den christlichen Glauben gerichtet seien und dem eigenen Gesetz der Juden zuwiderlaufen würden. Als Pfefferkorn sich an die Konfiskation machte, erhob der Mainzer Erzbischof Uriel von Gemmingen Einspruch, so daß der Kaiser diesem in einem neuen Mandat vom November 1509 die Angelegenheit mit der Anweisung übergab, Gutachten einzuholen.

Von den vier befragten Universitäten trat Köln sofort für Pfefferkorn ein; die Universitäten Mainz und Erfurt schlossen sich den Kölnern an. Lediglich Heidelberg enthielt sich der Stimme, da es die Angelegenheit für noch nicht spruchreif hielt. Als individuelle Sachverständige wurden herangezogen der Kölner Dominikaner und Großinquisitor Jacob van Hoogstraten, ferner der ehemalige Rabbiner und derzeitige Priester Viktor von Carben sowie – Johannes Reuchlin (1455-1522). Letzterer, ohne eigenes Zutun in den Streit verstrickt, war gleichwohl nicht aus purem Zufall Beteiligter. Der in Pforzheim geborene und u. a. in Stuttgart und Tübingen tätige Gelehrte, Jurist und Richter hatte mit seinen religionsgeschichtlichen und hebraistischen Arbeiten das Studium der hebräischen Sprache in Deutschland begründet und unter anderem während seines Italienaufenthaltes Kontakt mit dem berühmtesten italienischen Hebraisten gewonnen, mit Giovanni Pico della Mirandola (1463-1494); vor allem ihm verdankte Reuchlin eine intensive Auseinandersetzung mit der „Kabbala”, der jüdischen Geheimlehre. Reuchlins eigene Werke von 1506, 1512 und – „De arte cabbalistica” – von 1517 waren teils Textausgaben, teils grammatische Arbeiten oder Streitschriften gegen die Gegner der jüdischen Literatur, ferner Einführungen in die jüdische Gedankenwelt; und bereits 1505 hatte diese Autorität in einer Schrift über die Frage: „warumb die Juden so lang im ellend sind”, für Toleranz gegenüber den Juden plädiert.

Aus dem Mittelalter überkommene antijüdische Grundströmungen und individueller Konvertitenfanatismus auf der einen Seite und aus dem Humanismus und den „studia humanitatis” sich bildende Liberalität auf der anderen Seite prallten im Hebraismus- bzw. Judenbücher- oder eben auch Pfefferkorn-Reuchlin-Streit unversöhnlich aufeinander. Ohne den Verlauf dieses Streites im einzelnen weiter zu skizzieren, seien einige ihn zunehmend verschärfende Einzelheiten angedeutet. Reuchlins Gutachten enthält kaum versteckt auch persönliche Angriffe gegen Pfefferkorn und rückt kaum verhohlen dessen Konversion in ein zweifelhaftes Licht. Der so Gescholtene repliziert mit der Schrift „Handspiegel” (Frühjahr 1511), der attackierte Reuchlin antwortet mit einer satirischen Duplik, „Augenspiegel” (Herbst 1511), dessen weitere Drucklegung und dessen Vertrieb auf Betreiben der Kölner durch den Kaiser verboten wurde. Einem „Brandspiegel” aus der Feder Pfefferkorns (Ende 1512) folgte durch Reuchlin eine „Defensio contra calumniatores suos Colonienses” (1513: „Verteidigung gegen die Kölner Verleumder”), in die u. a. die kleine Gemeinheit eingestreut ist, Pfefferkorns Frau – das ist dann die Pepericornia der „Dunkelmännerbriefe” – unterhalte unsittliche Beziehungen zu den Kölner Dominikanern. Auf beiden Seiten ließ man nicht mehr locker. Die Kölner bringen ein Gutachten der Sorbonne bei, der „Augenspiegel” sei zu verbrennen, der Verfasser zum Widerruf zu zwingen; auch der Talmud müsse verbrannt werden. Hoogstraten lädt Reuchlin im September 1513 vor sein Inquisitionsgericht nach Mainz ein – eine ungemein schwierige, ja gefährliche Situation für Reuchlin, der sie nur durch Appellation an den Papst für den Augenblick zu bannen weiß. In dieses Hin und Her der verschiedenen Angriffe, Verleumdungen, Verunglimpfungen, Verteidigungen, das sich auch durch kaiserliche Schweigegebote und päpstlich verordnete Stillhalteabkommen nicht stillstellen ließ, griff unterdessen eine Fraktion ein, die sich vordem eher durch Gezänk als durch Einheit ausgezeichnet hatte und nun vor allem durch die inquisitorische Drohung und Bedrohung einer anerkannten Autorität der humanistischen Bewegung um diese selbst fürchten mußte: Angesehenste Humanisten wie Melanchthon, Spalatin, Hessus, Crotus, Pirckheimer, Peutinger, Vadianus, Herrman von dem Busche, Hutten – auch Sebastian Brant und Sickingen – ergriffen Partei. Selbst der englische Humanist Thomas Morus bekundete seine Sympathie. In Briefen und Aufmunterungsschreiben bestärkten sie Johannes Reuchlin in seiner Haltung, der diese Unterstützung zu einem weiteren Schlag gegen die Kölner nutzen konnte.

Im März 1514 ließ Reuchlin eine Auswahl aus dem Briefwechsel der Gesinnungsfreunde in Tübingen unter dem Titel „Clarorum virorum epistolae” erscheinen (ausführlicher in deutscher Übersetzung: „Briefe von berühmten Männern auf Latein, Griechisch und Hebräisch, zu verschiedenen Zeiten abgesandt an Johannes Reuchlin aus Pforzheim, Doktor beider Rechte”). Spätestens mit dieser Veröffentlichung war dokumentiert – darin ist sich die Humanismus-Forschung weitgehend einig –, daß der aus einem speziellen Anlaß entstandene, die gelehrte Welt nördlich der Alpen in zwei feindliche Lager spaltende, Deutschlands Humanisten und Theologen über ein Jahrzehnt in Atem haltende Streit in einen „wissenschaftlichen Richtungsstreit” übergegangen war3– ein Streit allerdings, der sich bis dahin immer noch weitgehend in den Gelehrtenstuben abspielte, ohne dadurch freilich seinen prinzipiellen Charakter einzubüßen oder geringer erscheinen zu lassen. Indes war es dieser prinzipielle Charakter: etwa in Fragen der Toleranz gegenüber den Juden, in der Frage der Bücherverbrennung, in der Frage der Freiheit der Wissenschaften – es war der prinzipielle Charakter solcher Fragen also, der über die Grenzen einer wissenschaftsimmanenten Diskussion entschieden hinausdrängte.

Als kleine Illustration dazu zitiere ich einen weiteren Abschnitt aus dem Brief Huttens an Pirckheimer vom 25. Oktober 1518:4

„Jenen mißtrauischen falschen Freunden aber zürne ich, insofern sie sich zu diesem hochmütigen Benehmen gegen mich berechtigt fühlten, zürne ich wegen ihre Hochmutes, wegen ihrer hochmütigen Aufgeblasenheit und weil sie sich zu etwas verleiten ließen, was unserer Wissenschaft unwürdig ist. Denn wenn die Liebe zur Wissenschaft in Wahrheit bedeutet, gelehrt zu sein, dann brauche ich darin hinter niemandem in Deutschland zurückzustehen, besonders da ich dies unter so großen Schwierigkeiten tue. Als Beweis dafür mag dienen, daß ich an der Verteidígung des Reuchlinschen Streites noch zäh festhalte. Du bringst davon eine Erwähnung in deinem Brief, indem du schreibst, daß die Theologen ihr Geschrei gegen mich irgendwie verstärkt erhoben hätten. Noch weiß ich nicht, ob es angebrachter ist, ihre Unverschämtheit eher zu verachten als zornig zu ahnden und zu bestrafen; denn die Frechheit dieser verdorbenen Gesellschaft wächst ins ungemessene. Neulich schien es (jedoch) angebracht, vor nichts die Augen zu verschließen, nichts zu verheimlichen und nichts zum Vorteil der Sache, die wir einmal mit solchem Eifer zu verteidigen unternommen hatten, aus mangelndem Pflichtgefühl zu übergehen. Ich meinerseits werde mit Eifer diese Mühe auf mich nehmen, selbst wenn ihr nicht so denkt. Wir sehen, wie wichtig es ist, daß dieses Unkraut ausgerottet und dieser Lolch mit der Wurzel ausgerissen wird, damit sich die glückbringende und schon hervorsprossende Pflanze der echten Wissenschaften erhebe und möglichst ausbreite. Ich sage: Vernichtet und vertrieben sollen die werden, die sich der schon aufgehenden Sonne rechter Bildung als mißgünstige Wolken entgegenstellen und die das strahlende Licht des wahren Glanzes in seinem Aufgang verdunkeln oder gar auslöschen und zertreten wollen. Die wahre Wissenschaft soll wieder aufleben, die Gemeinschaft in beiden Sprachen muß uns mit Griechenland und Italien vereinen, Deutschland muß sich Bildung aneignen, und die Barbarei muß bis zum fernen Afrika und zum Baltischen Meer mit Schimpf und Schande vertrieben werden.
Schon zweimal haben die Finsterlinge ihre Pfeile unter dem Namen des Juden Pfefferkorn auf mich abgeschossen; diese haben mich zwar nicht schmerzhaft getroffen oder vielmehr überhaupt nicht getroffen, und ich habe die Angelegenheit bisher nicht beachtet, aber einmal werden sie doch sehen, wen sie angegriffen haben.”

Der Kampf gegen die „Finsterlinge”, von dem hier Ulrich von Hutten gegenüber Pirckheimer spricht, war freilich schon längst in die Öffentlichkeit getragen worden – und kein anderer als Hutten selbst war daran maßgeblich beteiligt. Mit triftigen Gründen vermutet die Forschung in ihm den Verfasser des „Triumphus Doctoris Reuchlini”, eine Verherrlichung des Gelehrten, die 1518 erschien.

Mitautor war Hutten nun vor allem bei jenem Werk, das den Gelehrtenstreit zwischen den in Pfefferkorn und Reuchlin repräsentierten Parteien der „obscuri viri” und der „clari viri” in eine öffentliche Angelegenheit verwandelte: bei den „Epistolae obscurorum virorum”, den „Dunkelmännerbriefen”.

c) Der Erfurter Humanistenkreis

Bevor ich auf die „Dunkelmännerbriefe” selber und einige Aspekte parodistischer Bezugnahme in ihnen eingehe, scheint mir angebracht zu sein, etwas über die Verfasserproblematik zu sagen.

Zunächst dies: Die Autoren der „Epistolae obscurorum virorum” blieben – aus literaturinternen und -externen Gründen – in völliger Anonymität. Diese muß derart perfekt gewahrt worden sein, daß es erst der philologischen Akribie von Walther Brecht, dem Schüler Gustav Roethes, in einer Arbeit von 1904 gelang, die Frage der Verfasserschaft zufriedenstellend zu klären: rund 400 Jahre nach dem ganzen Geschehen! Hinter den „Epistolae” steht nach diesen Forschungen der Erfurter Humanistenkreis. Das scheint fürs erste erstaunlich. Gehörte die Erfurter Universität doch zu den frühen Befürwortern der Forderungen Pfefferkorns, des Gegners Reuchlins. Der erste Anschein indes trügt. Denn eine der hervorragendsten humanistischen Persönlichkeiten in Deutschland, Konrad Mutianus Rufus (1471-1526), stand vom Ausbruch des Pfefferkorn-Reuchlin-Streites an auf der Seite des Hebraisten. Bei Alexander Hegius in Deventer im Geiste der „devotio moderna” vorgebildet, wurde Mutianus als Augustinerchorherr in Gotha ab 1505 zum Mittelpunkt des Erfurter Humanismus. (Wir bewegen uns, meine Damen und Herren, in der ostmitteldeutschen Kulturlandschaft, die uns so lange versperrt war.) Eobanus Hessus, Joachim Camerarius, Euricius Cordus, Hutten, Georg Spalatin pflegten den Verkehr mit ihm. Mutianus muß eine faszinierende Gelehrtenpersönlichkeit gewesen sein, dabei ungemein öffentlichkeitsscheu und publizistischer Aktivität ganz fernstehend. Umso erstaunlicher scheint es, daß ein Satiriker wie Crotus Rubeanus sich in dessen Kreis bewegen konnte.

Dieser Crotus Rubeanus (1480-ca. 1539) war, nach der Erkenntnis Walther Brechts, der Initiator und einer der Hauptverfasser der „Epistolae obscurorum virorum”. Sohn eines kleinen Bauern in Dornheim/Thüringen, bezog er 1498 die Universität in Erfurt, wo er mit Luther zusammen studierte. 1505 setzte er auf der Flucht vor der Pest seine Studien in Fulda fort und begegnete dabei Ulrich von Hutten, mit dem er bald aus dem Kloster flüchtete, um sich in Köln in der Fakultät der freien Künste einzuschreiben. Es folgte eine schnelle Rückkehr nach Erfurt, wo beide in dem Kreis um Mutianus Rufus Aufnahme fanden. Während sich Hutten bald auf seine langjährige peregrinatio academica machte, blieb Crotus hier vier Jahre, wurde 1507 examiniert und bald danach (1509/10) in Fulda Leiter der berühmten Klosterschule (bis etwa 1516). Hier entstand der erste Teil der „Dunkelmännerbriefe”.

d) Die „Dunkelmännerbriefe”

Die „Epistolae obscurorum virorum” kamen zweiteilig in drei Erscheinungsphasen heraus. Der erste Teil, 41 Briefe umfassend, erschien – ohne Verfasserangabe und ohne Hinweise auf Erscheinungsort, Verlag oder Offizin – 1515: Mit Ausnahme des ersten Briefes, für den die Verfasserschaft Huttens wahrscheinlich ist, gilt Crotus Rubeanus, der in einem großen Schreiben aus dem Jahre 1514 Reuchlin seine rückhaltlose Unterstützung angeboten hatte,5als Autor dieses Teils. Dessen zweite Auflage von 1516 (= die 3. Ausgabe der EOV) war um einen Anhang von sieben Briefen aus der Feder Huttens erweitert. Der zweite Teil, 62 Briefe umfassend, wurde – wie die früheren Teile ohne Angaben zu Verfasser, Druck und Verlag – 1517 publiziert: Als sein Autor gilt Hutten, Hermann von dem Busche könnte beteiligt gewesen sein.6

Geht man von den Resultaten der Forschung zu den „Epistolae” aus, kann man ungescholten Peter Amelung aus dem Nachwort seiner Ausgabe anführen: „Von den beiden Teilen der Dunkelmännerbriefe ist zweifellos der erste der gelungenere, genialere”.7Dies ist ein literarästhetisches Urteil und bedarf des Nachweises. Begründet scheint mir daran zunächst einmal zu sein, daß Peter Amelung im Rückgriff auf die Analysen Walther Brechts von 1904 zwischen „direkter Satire” (im II. Teil der EOV) und „indirekter Satire” (im I. Teil) unterscheidet. Danach ist Crotus der „Meister der indirekten Satire”, der nie „dick” auftrage und die Typen der „obscuri viri” so zeichne, daß „ihr Grad von Ignoranz noch glaubwürdig wirkte”. Demgegenüber zeigt sich im Anhang zu I und im II. Teil das polemische Temperament Huttens, das den direkten Angriff suche, wofür die gewählte Form ‚Briefe von der Gegenseite’ ungünstig sei.8Diese Charakterisierung legt nahe, die Frage der parodistischen Bezugnahme und Verarbeitung im Hinblick auf den ersten Teil der „Epistolae obscurorum virorum” zu erörtern.

e) „Indirekte Satire” bzw. „mimische Satire” oder Parodie im ersten Teil der „Dunkelmännerbriefe”

Als Ausgangspunkt einer Beschreibung ist vorab folgendes zu bedenken: Den „Dunkelmännerbriefen” liegt, wie Adalbert Elschenbroich gesagt hat, die geniale Idee einer „satirischen Fiktion” zugrunde, die auf dem „Stilprinzip der Parodie” beruht.9Das kann folgendermaßen funktionieren: Grundlage der Bezugnahme könnten jene Briefe sein, die Reuchlin aus den Zuschriften seiner Parteigänger während des Kampfes mit Pfefferkorn u. a. ausgewählt und zur Unterstützung und Beglaubigung seiner Position unter dem Titel „Clarorum virorum epistolae” an die Öffentlichkeit gebracht hat. Die Fiktion besteht nun darin, als würden Parteigänger der Gegenseite (die „obscuri viri”) in der gleichen Weise ihre Briefe an ihren verehrten Meister (d. i. Ortvinus Gratius) gerichtet haben und in die Öffentlichkeit getragen finden. Man kann die Durchführung dieser fingierten Bezugnahme bereits am Titel der beiden Sammlungen ablesen (vgl. die Äquivalenzen durch Unterstreichung):

  • Clarorum virorum epistolae latinae graecae & hebraicae variis temporibus missae ad Joannem Reuchlin Phorcensem LL. doctorem”;
  • Epistolae obscurorum virorum ad venerabilem virum Magistrum Ortvinum Gratium Daventriensem Coloniae Agrippinae bonas litteras docentem: variis et locis et temporibus missae; ac demum in volumen coactae”.


Entsprechend ist die Fiktion auch im Text durchgreifend wirksam: Ortwin Gratius wird als die wissenschaftliche Hauptstütze der Kölner Theologenpartei brieflich mit einem weitverzweigten Schüler- und Freundeskreis in Deutschland und zu Rom in Verbindung gesetzt, der sich in wunderbarer Übereinstimmung mit der Geistesrichtung seines verehrten Meisters befindet. Alle halten sie fest an den vom Mittelalter überkommenen Formen und kämpfen geschlossen gegen die humanistischen Neuerer, bekunden im Hebraismusstreit ihre Treue zu Ortwin und der kirchlichen Autorität und verfolgen mit Spannung den ganzen Konflikt.10

Aufgrund der bisherigen Darlegungen bin ich gezwungen, eine gedankliche Pause einzulegen, damit wir uns hier nicht mißverstehen. Ich unterstreiche nochmals: Es handelt sich bei den „Epistolae obscurorum virorum” um eine Fiktion! Bei ihr liegt nur dem Modell nach eine Äquivalenz, eine Ähnlichkeitsbeziehung vor: eine solche zwischen den „Clarorum virorum epistolae” und den „Epistolae obscurorum virorum”. Tatsächlich jedoch stammt die Serie der „Dunkelmännerbriefe” nicht von den Anhängern der Pfefferkorn-Hoogstraten-Gratius-Partei, sondern ebenfalls von der treuen Gefolgschaft Reuchlins. Beide oben mit ihren Titeln angeführte Briefsammlungen sind von ein und derselben ‚Partei’, den Humanisten. Damit ist folgendes klar: Eine wirkliche Bezugnahme der „Dunkelmännerbriefe”, etwa in komisch herabsetzender Absicht, auf die Briefe der „clari viri” ist selbstverständlich nicht intendiert und auch nicht gegeben. Wäre dem so, müßten wir von Selbstparodie sprechen. (In der Geschichte der Parodie gibt es durchaus so etwas: siehe Fontane, dessen Selbstparodie in die Anthologie der Lyrik-Parodien von Verweyen/Witting eingegangen ist.) Selbstparodie der Anhänger Reuchlins würde hier aber der Sache Reuchlins selbst nur geschadet haben. Weder liegt Selbstparodie vor noch ist überhaupt an eine Bezugnahme auf die Briefe der „clari viri” über das Modellhafte hinaus ernsthaft zu denken. Die „Dunkelmännerbriefe” sind somit auch gegen die Ansicht Hans Rupprichs nicht einmal „der Form nach ein Werk der Epistolographie”.11Dieser Einwand gegen H. Rupprich läßt sich auf überzeugende Weise mit Michail Bachtin stützen, der bei seinen Ausführungen über die Parodie in der Aufsatzsammlung „Die Ästhetik des Wortes” u. a. darlegt:12

„Eine der ältesten und am weitesten verbreiteten Formen der Abbildung des fremden direkten Wortes ist die Parodie. Worin besteht nun die Eigenart der parodistischen Form?
Da gibt es zum Beispiel die parodistischen Sonette, mit denen Don Quijote eröffnet wird. Obwohl sie unzweifelhaft als Sonette gebaut sind, können wir sie keinesfalls zur Gattung des Sonetts rechnen. Sie sind hier Teil des Romans; auch wenn es für sich steht, kann das parodistische Sonett nicht einfach der Gattung des Sonetts zugerechnet werden. Die Form des Sonetts ist im parodistischen Sonett keineswegs eine Gattung, das heißt nicht die Form des Ganzen, sondern Gegenstand der Abbildung; das Sonett ist hier der Held der Parodie. In der Parodie auf das Sonett müssen wir das Sonett erkennen, seine Form, seinen spezifischen Stil, seine Art und Weise, die Welt zu sehen, auszuwählen und zu bewerten, seine sozusagen sonetteigene Weltanschauung. Die Parodie kann diese Besonderheiten des Sonetts besser oder schlechter, gründlicher oder oberflächlicher abbilden und verspotten. Aber es liegt jedenfalls kein Sonett vor, sondern ein Bild des Sonetts.
Aus denselben Gründen kann man das parodistische Epos Froschmäusekrieg keineswegs zur Gattung des Poems rechnen. Es ist ein Bild des homerischen Stils. Gerade dieser Stil ist nämlich der wahre Held dieses Werks. Dasselbe müssen wir von Scarrons Le Virgile travestie sagen. Man darf die ‘Sermons joyeux‘ des 15. Jahrhunderts nicht zur Gattung der Predigt, die parodistischen ‘Pater noster‘ oder ‘Ave Maria‘ usw. nicht zur Gattung der Gebete zählen.”

Dies scheint mir nicht nur eine zutreffende Erkenntnis zu sein; sie läßt sich zugleich auch für unseren Fall fruchtbar machen: Die „Dunkelmännerbriefe” gehören nicht zur Gattung des Briefs; ihr „Held” ist der ‚Stil’ der wirklichen „obscuri viri” der Pfefferkorn-Hoogstraten-Gratius-Partei.

Mit dieser Beobachtung bin ich nun an jener Beschreibungs- und Argumentationsstelle angelangt, wo ich auf die Frage nach der „indirekten Satire” bzw. „mimischen Satire” im ersten Teil der „Dunkelmännerbriefe” zurückkommen kann. Was hat es mit dieser Charakterisierung von W. Brecht auf sich?

Es steht wohl zunächst einmal fest, was A. Elschenbroich formuliert hat: Durch die besondere Fiktion „sind beide Sammlungen, die zunächst privaten, dann aber veröffentlichten Briefe an Reuchlin und die fingierten Schreiben erfundener Personen aus dem Umkreis der spätscholastischen Ordensgeistlichkeit, als literarische Texte gattungsidentisch”.13Statt von Gattungsidentität würde ich hier allerdings lieber von modellhafter Wiedererkennbarkeit sprechen (s. das Bachtin-Argument). Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Entscheidend ist vielmehr, was Walther Brecht im Rückgriff auf Friedrich Theodor Vischers „Aesthetik” und den darin explizierten Satire-Begriff gesagt hat. Brecht ordnet danach die Dunkelmännerbriefe dem Gebiet der „mimischen Satire” zu. Deren Eigenwilligkeit besteht darin, „sich mit dem komischen Subjekt zu identifizieren und aus seinem Charakter heraus zu sprechen”. Somit steht für Brecht fest, „daß die mimische Satire nichts ist als eine zu satirischen Zwecken verwandte und, da das satirische Ideal notwendig Karikatur ist (David Friedrich Strauß), mehr oder minder karikierende Art der Ironie”.14Sie kommt nach W. Brecht „in der Fiktion des Briefwechsels” zum Ausdruck:

„Wir haben es also nicht mit der verhältnismäßig plumpen direkten, sondern der besonders bei wiederholter Anwendung bei weitem wahrscheinlicheren und feineren indirekten Ironie zu tun. Die Voraussetzung der indirekten Ironie ist die anscheinende Naivität der Briefeschreiber, die ohne die größte Naivität der Sprache nicht denkbar ist. ‚Die Figuren stehen nicht vor dem Publikum und zählen ihre Schlechtigkeiten her. Sondern sie glauben sich unter sich, plaudern ihre Geheimnisse aus und werden dabei belauscht.’”15

Man könnte diese Beschreibungen und Bestimmungen der „indirekten Satire” als „mimische Satire” so zusammenfassen: Es ist das Spiel mit der fingierten Rolle, die kritische Arbeit des Täters in der Sprache des Opfers, die Absicht der komischen Herabstimmung. Danach dürfte klar sein: Hier liegt im Grunde der – um 1900 obsolete bzw. völlig Heterogenes bezeichnende und erst um 1960 literaturwissenschaftlich aufgewertete – Begriff „Parodie” nahe. Seine Anwendung auf die Dunkelmännerbriefe hätte den Vorzug, nicht zu immer neuen Begriffen wie „Ironie”, „Karikatur”, „mimische Satire”, „indirekte Ironie” usw. greifen zu müssen. Hinzu kommt sodann, daß ein in der Parodie-Forschung herausgearbeitetes Mittel und Verfahren, nämlich das der Übererfüllung, als durchgängig die Texte im I. Teil der EOV bestimmendes Verfahren beschreibbar wird. Walther Brecht hat bei seinen Analysen mit sicherem Blick folgendes erkannt:

„Das am sichtlichsten Karikierte ist die Sprache der Epistolae obscurorum virorum. Aber auch hier ist die Satire weniger speziell, als man gewöhnlich glaubt, und noch mehr lustig als bissig. Sie läßt die Obskuren ein übertriebenes Kirchen- und Quodlibetlatein sprechen, das traditionell schlechteste und komischste, das man zur Verfügung hatte. An ihm hatten die Pfaffen zwar redlich mitgearbeitet, aber es war durchaus nicht für sie allein bezeichnend, noch lag es gerade den Kölnern vorzugsweise nahe. Der Witz und die Kunst liegen hier viel mehr in der geistreichen Art, wie diese Sprache der Konzeption des obskuren Charakters dienstbar gemacht wird, als etwa in der mimischen Erfindung der Sprache selbst. Es ist nicht ganz richtig, wenn Conrad Ferdinand Meyer seinen Hutten sagen läßt:

Wir sprachen ihr Latein – ergötzlich Spiel –
Und Briefe schrieben wir im Klosterstil –

Das Küchenlatein war, als roher Spaß, schon vorhanden; das Neue war die sichere Stilisierung dieser Sprache in die bestimmte obskure Nuance, damit ihre Erhebung ins Künstlerische; und hier liegt das literarische Verdienst.”16

Diese Beobachtungen verdienen trefflich genannt zu werden. Sie ließen sich ohne Mühe mit Überlegungen der Russischen Formalisten in Verbindung bringen, etwa von Jurij Tynjanov über Parodie, und deren Nähe zur „Stilisierung”. Tynjanov versteht nämlich – dabei allerdings nur den Typ der Übererfüllung berücksichtigend – unter Parodie „die komisch motivierte oder betonte Stilisierung”.17Und so perfekt gelang dem Verfasser des I. Teils der „Dunkelmännerbriefe” diese ‚Stilisierung’, das Überstülpen der sprachlichen Tarnkappe, die Parodie im Sinne der ‚mimischen Satire’, daß Erasmus von Rotterdam in einem Brief vom 5. April 1518 an Johannes Caesarius von einem Prior in der Nähe von Brüssel, also von einem geistlichen Oberhaupt, welchem doch auch die Kritik galt, zu berichten wußte: der habe vor lauter Begeisterung zwanzig Exemplare der „Dunkelmännerbriefe” gekauft, um sie an seine Freunde zu verteilen. Und zehn Jahre später kommt Erasmus nochmals auf diesen ‚klassischen’ Fall mißglückter Kommunikation in einem Brief vom 5. September 1528 an Martin Lypsius zurück, wobei er noch hinzufügt, daß die EOV in England damals von den Franziskanern und Dominikanern mit großem Beifall aufgenommen worden seien „Welcher Dummkopf könnte dümmer sein?” setzte Erasmus hinzu.18Um die rhetorische Frage des Erasmus zu beantworten: Nur der, der zum Schaden noch den Spott davontragen will.

f) Der Text I,13 aus den „Dunkelmännerbriefen”

Der ‚Brief’ I,13 gehört zu den drei ‚Briefen’ des Magisters Conrad von Zwickau (I,9; I,13; I,21), die laut W. Brecht „das Kunstwerk im Kunstwerk” bilden:19

Briefe der Dunkelmänner I,13:20

MAGISTER CONRAD VON ZWICKAU
grüßt den
MAGISTER ORTVINUS.

Nachdem Ihr mir geschrieben habt, daß Ihr Euch nicht mehr um jene Leichtfertigkeiten bekümmert und die Weibspersonen nicht mehr lieben oder vielmehr hernehmen wollet außer ein- bis zweimal im Monat, so kann ich mich nur wundern, daß Ihr solches schreibt. Doch ich weiß das Gegenteil. Es befindet sich hier ein Geselle, der kürzlich aus Köln angekommen und Euch wohlbekannt ist und auch dort immer um Euch war. Dieser sagt, daß ihr die Frau des Johannes Pfefferkorn beschlaft; und er versicherte mir dies wahrheitsgemäß und beschwor es, und darum glaube ich es auch. Ihr seid ja so gar liebenswürdig und wißt auch gute Worte zu geben, und dazu noch kennet Ihr vollkommen die Kunst zu lieben aus dem Ovid. Auch sagte mir ein gewisser Kaufmann, es heiße in Köln, auch magister noster Arnold von Tongern bediene sich ihrer als Unterlage; allein das ist nicht wahr, da ich wahrhaftig weiß, daß er noch keusch ist und nie ein Weib berührt hat. Allein, auch wenn er es getan hätte oder tun würde – was ich aber nicht glaube –, so wäre er deshalb doch nicht so schlecht, weil Irren menschlich ist. Ihr schreibt mir viel von dieser Sünde, daß es keine größere Sünde in der Welt gebe, und führet viele Schriftstellen an. Ich weiß wohl, daß es nicht recht ist, aber doch findet man auch in der Heiligen Schrift, daß einige auf diese Weise gesündigt haben und gleichwohl selig geworden sind. So Simson, der bei einer Hure schlief, und doch geriet nachher der Geist des Herrn über ihn. Auch kann ich den Gegenbeweis gegen Euch folgendermaßen führen: „Jeder, der nicht boshaft ist, empfängt den Heiligen Geist; Simson aber ist nicht boshaft, ergo empfängt er den Heiligen Geist.” Ich halte den Obersatz für richtig, da geschrieben steht: „In eine boshafte Seele wird der Geist der Weisheit nicht kommen”; aber der Heilige Geist ist der Geist der Weisheit: ergo ... Der Untersatz ist klar; denn wenn jene Sünde der Hurerei etwas so gar Schlechtes wäre, so wäre der Geist des Herrn nicht über Simson geraten, wie doch klar im Buch der Richter steht. Auch liest man von Salomo, daß er dreihundert Königinnen und Kebsweiber ohne Zahl gehabt habe. Er war der größte Hurer bis zu seinem Tode, und doch kommen die Doctores allzumal zu dem Schlusse, daß er selig geworden sei. Wie kommt Euch jetzt die Sache vor? ich bin nicht stärker als Simson und bin nicht weiser als Salomo, und darum muß ich hie und da eine Ergötzlichkeit haben, weil, wie die Ärzte sagen, dies wirksam ist gegen die Melancholie. Ach, was redet Ihr auch von jenen griesgrämigen Kirchenvätern! Sagt doch der Prediger, „es lasse sich nichts Besseres ergreifen, als daß ein Mensch fröhlich sei in seiner Arbeit”. Daher spreche ich mit Salomo zu meiner Seele: „Du hast mein Herz verwundet, meine Schwester, meine Braut; du hast mein Herz verwundet mit einem deiner Augen und mit einem Haare deines Nackens. Wie schön sind deine Brüste, meine Schwester, meine Braut, deine Brüste sind lieblicher als Wein usw.” Bei Gott! es ist gar angenehm, die Weiber zu lieben, nach jenem Gedichte des Dichters Samuel:

Disce, bone clerice, virgines amare,
Quia sciunt dulcia oscula praestare,
Inventutem floridam tuam conservare.
(Lerne, lieber Kleriker, Jungfrauen zu lieben,
denn die wissen süße Küsse zu verteilen
und so deine Jugendblüte zu bewahren.)

Da die Liebe auch Nächstenliebe ist, und „Gott ist die Nächstenliebe”, ergo ist die Liebe nichts Böses. Dieses Argument widerlegt mir! Auch sagt Salomo: „Wenn ein Mensch alles, was sein Haus enthält, für die Liebe geben wollte, so gälte es alles nichts.” Doch lassen wir das, und kommen wir zu etwas anderem. Ihr habt mich ersucht, Euch etwas Neues zu berichten: so wisset denn, daß schon während der Fasten hier große Lustbarkeiten stattfanden. Es gab ein Turnier, und der Fürst ritt eigenhändig auf den Platz; er ritt ein schönes Tier, das eine Schabracke über hatte, worauf ein Frauenbild in herrlichem Schmucke gestickt war, und daneben saß ein Jüngling mit gelockten Haaren, der ihr eins orgelte nach den Worten des Psalmisten: „Jünglinge und Jungfrauen, Alte mit den Jungen sollen loben den Namen des Herrn.” Und als der Fürst in die Stadt kam, führte ihn die Universitat in großer Prozession auf den Thron; die Bürger hatten viel Bier gebraut, tischten leckere Gerichte auf und bewirteten den Fürsten und das ganze Hofgefolge bestens; hierauf veranstaltete man einen Ball, und ich stand auf einem Schaugerüst, von wo aus ich zusehen konnte. Mehr weiß ich nicht, als daß ich Euch alles Gute wünsche. Gehabt Euch wohl im Namen des Herrn! Aus Leipzig.

Die Strategie der für satirische und parodistische Textkonstitution unerläßlichen Komisierung beginnt schon bei den Namen der fingierten Briefschreiber. In unserem Beispiel ist das vielleicht noch nicht so deutlich, weil man mit seinem Namen wohl eher eine Herkunftsbezeichnung („von” der Stadt „Zwickau”) und noch nicht die Funktion des „sprechenden Namens” im Sinne der Untersuchung von Dieter Lamping über die „Poetik des Personennamens” verbindet.21Man bedenke jedoch folgendes: Dieser unser „Magister nostrandus” („nostrandus” ist natürlich eine das korrekte „noster” küchenlateinisch verballhornende ‚Barbarei’) hat es immer mit derselben Angelegenheit zu tun, genauer noch: er befleißigt sich ihrer. Schon in seinem ersten Brief (I,9) heißt es: „Ihr sollt wissen, daß es mir in der Liebe gut vonstatten geht und ich eine prächtige Unterlage habe”; und in seinem 3. Brief an Ortwin Gratius fällt er gleich mit der Tür ins Haus (P. Amelung, S. 50f.):

Briefe der Dunkelmänner: I,21

MAGISTER CONRADUS VON ZWICKAU
grüßt den
MAGISTER ORTVINUS GRATIUS.

Fürwahr wie Ihr mir unlängst von Eurer Liebsten geschrieben habt, daß Ihr sie so innig liebet und auch sie Euch liebe und Euch Kränze, Sacktücher, Gürtel und dergleichen Sachen schicke und kein Geld dafür nehme, wie die Huren; und daß Ihr sie, wenn ihr Mann nicht zu Hause ist, besuchet, und sie wohl damit zufrieden sei; sodann wie Ihr mir unlängst gesagt habt, daß Ihr sie dreimal hintereinander hergenommen hättet, und einmal stehend hinter der Türe am Eingang, nachdem Ihr gesungen hattet: „Machet Eure Tore weit, ihr Fürsten”; wie hierauf ihr Mann kam und Ihr Euch hinten hinaus durch den Garten davonmachtet, so will auch ich Euch jetzt schreiben, wie es mir mit meiner Liebsten geht.

Wenn man dies bedenkt, dann liegt auch bei dem scheinbaren Eigennamen „Zwickau” eine lexikalische Wortbedeutung vor. An Wahrscheinlichkeit gewinnt diese Überlegung aber erst im Kontext der Namensverwendungen in den Briefen überhaupt; dabei ist zu beobachten, daß zur „charakterisierenden” Funktion des „sprechenden Namens” immer auch die „ästhetische” Funktion der Komisierung hinzutritt: Thomas Langschneider (I,1), der das allegorisierende Auslegen im mehrfachen Schriftsinn mittelalterlicher Hermeneutik nicht unterlassen kann; Bernhard Federleser (I,3), der nicht lange fackelt und aus geringstem Anlaß einem Poeten eine Weinkanne an den Kopf schlägt; Johannes Kannengießer (I,4), der mit Geschichten über Zechgelage erfreut usw.; Wilhelm Scherenschleifer (I,15) schließlich, der kein Ende kriegt (P. Amelung, S. 39; vgl. Verweyen/Witting: Walpurga, S. 58):

WILHELM SCHERENSCHLEIFER
grüßt den
MAGISTER ORTVINUS.

Ich wundere mich sehr, ehrwürdiger Mann, warum Ihr mir nicht schreibet; und doch schreibet Ihr andern, die Euch nicht so oft schreiben, wie ich es tue. Wenn Ihr mein Feind seid und mir nicht mehr schreiben wollt, so schreibt mir wenigstens, warum Ihr mir nicht schreiben wollt, damit ich weiß, warum Ihr mir nicht schreibet, da ich ja doch immer an Euch schreibe, wie ich denn auch jetzt an Euch schreibe, obgleich ich weiß, daß Ihr mein Schreiben nicht beantworten werdet. Gleichwohl aber bitte ich Euch von ganzem Herzen, Ihr wollet mir doch schreiben, und wenn Ihr mir einmal geschrieben habt, so will ich Euch zehnmal schreiben, weil ich meinen Freunden gerne schreibe, und will mich im Schreiben üben, so daß ich zierliche Aufsätze und Briefe schreiben kann. Ich kann mir nicht denken, was der Grund ist, daß Ihr mir nicht schreibet.

Man könnte auf diese Weise fast alle Namen der fingierten Briefschreiber aufschlüsseln. Dabei kann man zugleich jenes merkwürdige Phänomen der Namensbildung mitanalysieren, das uns etwa in dem Namen des soeben zitierten Briefschreibers begegnet: „Guilhelmus Scherscleifferius”, so lautet der Name im Urtext. Es ist das Phänomen der deutsch-lateinischen Mischpoesie, das Günter Hess unter den rhetorischen Begriff der Barbarolexis gefaßt hat.22Sie liegt – mit Heinrich Lausberg – vor, wenn „gegen die Latinitas” „im Einzelwort als Ganzem verstoßen” wird „durch den Gebrauch unlateinischer Wortkörper [z. B. ‚nostrandus’] und durch den Gebrauch unlateinischer Wortbedeutungen”. Barbarolexis ist hier selbstverständlich nicht ein Zufallsprodukt mangelhafter Sprachbeherrschung, sondern das genaue Gegenteil dessen: nämlich das Resultat exzellenter Sprachkompetenz und somit eines der dominierenden Mittel parodistischer Bloßlegung durch Übererfüllung schon bestehender sprachlicher Interferenzen infolge lange miteinander in Kontakt stehender Sprachen wie der deutschen und der lateinischen Sprache seit dem Mittelalter; Barbarolexis ist hier ein gezielt angewendetes Verfahren der „mimischen Satire”, eine intendierte Strategie der Herabstimmung.

Die Strategie der komisierenden Stilisierung, der Bezugnahme und gleichzeitigen Herabsetzung erfaßt selbstverständlich die gesamte Brief-, Epistolartechnik, etwa die Grußformeln. Dabei stellt die Form der Adresse im vorliegenden Fall der Materialien I,13 nur eine sehr einfache Steigerung, beispielsweise gegenüber I,4 (in P. Amelung, S. 15), dar. Es gibt da hyperbolische Stilisierungen, die zugleich in kontrastreiche Beziehung zu offenkundig komischen Grußformeln gebracht werden. Beispielsweise „entbeut” Matthäus Honiglecker „seinen Gruß” dem Magister Gratius (in I,16). In I,32 klingt das demgegenüber so (P. Amelung, S. 76.):

Dem Mann von unaussprechlicher Gelehrsamkeit
MAGISTER ORTVINUS GRATIUS
entbietet
MAGISTER GINGOLFUS LIGNIPERCUSSORIS ('Holzhacker')
tausend und aber tausend Grüße in ungeheuchelter Liebe.

Hier liegt Stilisierung vor, und zwar mit gewollter Ambivalenz in der Schlußwendung „in charitate non ficta”, weil eine solche Schlußwendung im Kontext eines Briefes gerade den Gedanken an „geheuchelte Liebe” zu wecken geeignet ist. In I,39 wird der komische Abbruch durch Substitution hergestellt (P. Amelung, S. 93.):

NICOLAUS LUMINATORIS
sendet dem Herrn
MAGISTER ORTVINUS
so viele Grüße, wie in einem Jahre Mücken und Flöhe
geboren werden.

Man könnte hier die Bachtinsche Kategorie der „Mesalliance” in Erwägung ziehen, nach der „das Geheiligte mit dem Profanen, das Hohe mit dem Niedrigen, das Große mit dem Winzigen, das Weise mit dem Törichten (vereinigt, vermengt und vermählt)” wird.23Mesalliance von Diskurswelten ist tatsächlich ein mit Vorliebe angewendetes Mittel in der Parodie, Travestie usw., hier etwa in I,37 („so viele Grüße, wie die Gänse Gras fressen”) oder in I,31, wo das Verfahren auf die Spitze getrieben wird (P. Amelung, S. 73.):

Dem wohlbestallten Bakkalaureus der Theologie
BARTHOLOMÄUS COLP
vom Karmeliterorden
empfiehlt sich nebst Gruß
WILLIBRORDUS NICETI
aus dem Orden der Wilhelmiten, Kursor in der Theologie
mit Genehmigung des hochwürdigen Ordensgenerals.

So viele Wassertropfen sind im Meer,
So groß im heil‘gen Köln das Kuttenheer,
So dicht voll Haar das Fell des Esels ist,
So viel, und mehr noch, sei von mir gegrüßt!

Brechen wir ab und behandeln noch kurz zwei den parodistischen Brieftext konstituierende Verfahren: nämlich entstellendes Zitieren und leerlaufende Syllogistik. Beide Verfahren sind am parodistischen Bedeutungsaufbau auch des vorgelegten Beispieltextes I,13 maßgeblich beteiligt. Soll mit dem ersten Verfahren die dumpfe Zitierwut der spätscholastischen theologischen Traktat-, Kommentar-, Predigtliteratur gezeigt und bloßgestellt werden, so soll das zweite Verfahren in Art der Metonymie die spätscholastische Disputations- und Lehrmethode ad absurdum führen. Im ersteren Fall werden insbesondere unter Berufung auf den kanonischen Text der Zeit: die Bibel, gerade gegen den Sinn dieses, wie Bachtin es nannte, „autoritären Wortes”24(und teils wider die Keuschheitsgelübde) verstoßende Bedürfnisse und Verhaltensweisen gerechtfertigt; die parodistische und hier nun auch satirische Komik besteht dabei gerade in dem Sichtbarmachen des den Sinn des Zitierten verkehrenden Herauslösens aus dem ursprünglichen Kontext und Integrierens in den neuen, unangemessenen Kontext.

Im zweiten Fall werden massenweise syllogistische Schlüsse zum Medium komischer Demonstration der Unangemessenheit des Verhältnisses von Gegenstand und ‚logistischem’ Aufwand: man vergleiche das Beispiel in der Anthologie „Walpurga” (S. 56-57). Die Syllogismen werden sogar zum Medium komischer Demonstration des syllogistischen Beweisverfahrens überhaupt.

Von hier aus erlaube ich mir zwei abschließende, aber keineswegs definitive Bemerkungen zu den „Epistolae obscurorum virorum”: Die Faszination dieses Werkes (und ich spreche hier zunächst nur vom ersten Teil aus der Feder des Crotus Rubeanus) besteht selbst noch in der deutschen Übersetzung darin, daß es sich, obwohl das Werk eines religiös gebundenen, gläubigen Humanisten, in der komisierenden Herabsetzung erschöpft und an keiner Stelle eine eigene Botschaft transportiert. Auch darin ist es zutiefst ein parodistisches Werk.

Die „Dunkelmännerbriefe” (genauer zunächst ihr erster Teil von 1516) – dies meine zweite Bemerkung – sind in der Tat, wie Peter Amelung schrieb, ein „genialer parodistischer Abgesang des Alten im Zeichen einer neuen Zeit”.25Ihre literarisch-artifizielle Organisation ist einmalig. Indes: sie sind keine „isolierte Erscheinung” der Zeit:

„Ohne den satirischen Narrenkult eines Zeitalters der Fastnachtspiele, der scherzhaften Universitätsdisputationen, eines Erasmus, Brant und Murner sind auch die Obscuri nicht möglich. Vorboten der satirischen Mimik fehlen nicht. Wir hören in den Fastnachtspielen die Narren sich selbst schildern, oder sehen, wie sie sich durch ihr Handeln lächerlich machen; im Narrenschiff charakterisiert mitunter der Narr sich selbst; Moria besteigt in eigner Person das Katheder; in seinen Überschriften läßt Murner die bildlich dargestellten Narren reden: das alles sind erste Keime. Aber auch von der Verbindung mimischer Satire mit der Briefform ist wenigstens ein Beispiel vorhanden. Es befindet sich in Jakob Hartliebs Scherzrede De fide meretricum, datiert Straßburg 1499, gehalten ums Jahr 1500”26

- und zitiert im 13. Brief des ersten Teils der „Dunkelmännerbriefe”.

g) Literarische Gegenüberstellungen: Kontrafakturen in Reformation und Späthumanismus

Ich knüpfe nochmals an die letzten Bemerkungen von Walther Brecht an, in denen ein wichtiger Teil des literarischen Kontextes der „Dunkelmännerbriefe” in Erinnerung gerufen ist – etwa das „Enkomion morias” („Lob der Torheit”) des Erasmus von Rotterdam oder Sebastian Brants „Narrenschiff”; auch Murners Satiren und polemische Schriften gegen Martin Luther, zudem die Narrenfeste und der Fastnachtskult: „Alles Erdenkbare, Weltliches und Kirchliches”, so sei Friedrich Ranke angeführt, „wird damals parodiert”. Vom Tagelied bis zum Vaterunser! Was „nur immer eine feste Form mitbringt, muß dem Parodisten als Gefäß für seinen Spott und seine Laune dienen”.27Nachdem ich mit den „Epistolae obscurorum virorum” in der Tat ein herausragendes Beispiel humanistischer „Parodiendichtung” vorgeführt habe, scheint es mir nun angebracht zu sein, die Aussage F. Rankes zumindest mit einigen Paradigmen zu überprüfen.

Bei dem ersten der von mir ausgewählten Beispiele handelt es sich um einen Text in einer ungedruckten Briefsammlung von ca. 1530; sie war im Besitz des Ulmer Arztes und Lutheraners Wolfgang Rychard und enthält mehrfach eingestreute Texte zum Zeitgeschehen der frühen Phase der Reformation. Der komisch-kritische Charakter des Textes ist dabei kaum von der Hand zu weisen, stellt ihn also in die Tradition der Komik-Literatur:

Pater noster, qui es in caelis: sanctificetur nomen tuum: adveniat regnum tuum: fiat voluntas tua: sicut in caelo et in terra. Panem nostrum cotidianum da nobis hodie; et dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris; et ne nos inducas in tentationem; sed libera nos a malo.

Der Nachfolgetext mit Übersetzung des Nachfolgetextes von ca. 1530 [vgl. Verweyen/Witting, Kontrafaktur,
S. 247] lautet:

Des bapst pater noster
Papa noster qui es in Rhoma: amplificetur nomen tuum: adueniat fauor tuus: fiat symonia tua: sicut in vrbe et in orbe: pinguia beneficia da nobis hodie. Et dimitte nobis peccata nostra: sicut et nos tibi mittimus pecunias nostras. Et ne nos inducas in excommunicationem. Sed libera nos a manu laicorum. Amen. Hanc orationem papisticam continue omnis creatura Antichristi.

Heiliger Vater unser, der du bist in Rom, vergrößert werde dein Name, zu uns komme deine Gunst, dein Ämterkauf gedeihe wie in der Stadt so auf dem Erdkreis: fette Pfründen gib uns heute. Und vergib uns unsere Sünden wie auch wir dir geben unser Geld. Und führe uns nicht in die Exkommunikation, sondern befreie uns von der Hand der Laien. Amen. Dieses papistische Gebet betet beständig jedes Geschöpf des Antichrist.

Bei einem etwas genaueren Vergleich der beiden lateinischen Textfassungen läßt sich leicht feststellen, daß sich die Adaption auf fast allen Ebenen an die Vorlage hält; folglich ergeben sich erhebliche Übereinstimmungen zwischen Prä- und Nachfolgetext: beispielsweise im lexikalischen Bereich, im Duktus des Gebets, in der Beibehaltung der Bitten und Bitt-Typik, selbst im Phonembereich (z. B. Pa-pa/Pa-ter; ampl-ificetur/sanct-ificetur). Auf der semantisch-thematischen Ebene weicht der Nachfolgetext jedoch erheblich ab; er thematisiert zur Vorlage relativ externe, wenngleich nicht ohne Beziehung bestehende Sachverhalte wie etwa das Pfründenwesen der Zeit („pinguia beneficia”) oder auch die „Gravamina”-Klage, Rom – und zwar das „papistische” Rom – sauge Deutschland aus („mittimus pecunias nostras”). Sind nun aber die Abweichungen (im Sinne der Begriffsexplikationen) gegen den Ausgangstext gerichtet? Die Antwort wird durch einen Zusatz erleichtert, der mit der Adaption überliefert ist: 

„Hanc orationem papisticam continue omnis creatura Antichristi.”

'Dieses papistische Gebet betet beständig jedes Geschöpf des Antichrist.'

Die Intention des lutherischen Verfassers ist es offenkundig nicht, den Anspruch der Vorlage, des „Vaterunser”, zu relativieren oder abzuwehren, kurz „herabzusetzen” – im Gegenteil. Bedeutung und Anspruch des Paternoster, ein kanonischer und sakrosankter Text der Bibel und für die ganze Christenheit, werden vielmehr unablässig als Grundlage und Maßstab der Kritik insinuiert, nicht zuletzt auch als „positives Gegenbild” signalisiert, an dem gemessen die Zustände der Papstkirche als verrottet zum Vorschein kommen sollen. Nicht das das „Ideal” formulierende „Paternoster”, sondern die zur Verwirklichung des „Ideals” aufrufende, diesem aber selbst nicht genügende kirchliche Institution ist Gegenstand der Kritik. Zwei Schreibweisen überlagern und verstärken sich also wechselseitig in der Adaption: Kontrafaktur und Satire. Dabei werden im Falle der Kontrafaktur hier die von der Vorlage gesetzten Ansprüche und Normen anerkannt, ihre Vertextungsstrategien übernommen und ihr kommunikatives Potential ausgenutzt. Wir sprechen bei solchen Texten – und damit ergänzen wir erneut das terminologische Repertoire – von „satirischer Kontrafaktur” (und gegen F. Ranke u. viele andere, wie z. B. Lutz Röhrich, nicht mehr von ‚Parodie’).28Und gerade sie, die satirische Kontrafaktur, ist es, die nicht zuletzt in Zeiten konfessioneller und/oder ideologischer Polemik als Mittel der Auseinandersetzung den Vorzug erhält, zudem in reformbewegten Zeiten Konjunktur hat, wie es das Silbermarken-Evangelium belegt.

Ein zweites Beispiel: 1612 – also auf dem Höhepunkt des Späthumanismus – publizierte der Praeceptor am Heidelberger Gymnasium, Johannes Adam, eine lateinische Ode mit folgendem Titel (hier gleich in deutscher Übersetzung):29

AN DIE FREUNDE, DIE HOCHBERÜHMTEN
PROFESSOREN DER HEIDELBERGER HOCHSCHULE.
ALS SEINEM SOHN THOMAS-LUDOLF DER ERSTE
LORBEER IN DER PHILOSOPHIE VERLIEHEN WURDE.

(Der lateinische Text dieser Ode zusammen mit der deutschen Übersetzung von Wilhelm Kühlmann findet sich in einer Anthologie humanistischer Dichtung der ehemaligen Kurpfalz, die Wilhelm Kühlmann und Hermann Wiegand herausgegeben haben: in „Parnassus Palatinus” von 1989.) Beim Vorlesen des Gedichttitels habe ich mich gezielt eines Zitationsfehlers schuldig gemacht; denn vollständig lautet der Titel: „Aus Horaz, 3. Buch, 2. Ode”!

Johannes Adam verfertigte also eine Ode unter Bezug auf eine Vorlage – nicht irgendeine Vorlage, sondern die berühmte Zweite Römerode des Horaz – und er nannte, mit einer für moderne Literaturproduktion ziemlich unverständlichen Unbefangenheit, sogar ausdrücklich diese seine Vorlage. Mehr noch, die Oden-Adaption erschien in der Gedichtsammlung mit dem sprechenden Titel „Horatianarum parodiarum Liber Secundus” („Zweites Buch der Horaz-Parodien”). Ist die Oden-Adaption demnach ‚Parodie’ im Sinne unserer terminologischen Vorschläge und Überlegungen zu nennen? Wir dürfen diese Frage mit guten Gründen verneinen, indem wir auf erstklassige Kenner der Überlieferungen und Traditionen verweisen können, in denen diese Oden-Adaption – diese „Parodia Horatiana” sich nennende Imitation – steht: auf Eckart Schäfer etwa oder auf Dieter Mertens.30

Interessanterweise hat E. Schäfer in der grundlegenden Untersuchung von 1976 über den „Deutschen Horaz” im Zusammenhang mit solchen Textbildungen wie der „Parodia Horatiana” von der Realisierung des schon in der lateinischen Antike entwickelten „Kontrafakturprinzips” gesprochen. Das ist hier im Hinblick auf die beiden vierten Strophen aus dem Horazischen Original und der Adamschen Adaption leicht einzusehen:

Horaz: Ode 3,2,4

Dulce et decorum est pro patria mori:
Mors et fugacem persequitur virum,
Nec parcit inbellis iuventae
Poplitibus timidoque tergo.

Süß ist‘s und ruhmvoll, stirbt man für‘s Vaterland.
Des Todes Arm erfasset den Flüchtgen doch,
Erbarmt sich nicht der scheuen Jugend,
Schont nicht die Knie, nicht den feigen Rücken.
 

Johannes Adam: Ode „Ad amicos”, Str. 4

GRANDE est paratum litterulis decus!
Hoc et potentem nobilitat virum,
Nec cedit insulsi cerebri
Divitibus, tumidoque vulgo.

Eine große Ehre ist der bescheidenen Wissenschaft bereitet!
Sie adelt auch den mächtigen Mann und weicht nicht vor
dem Reichtum eines witzlosen Kopfes und vor der törichten
Menge.

Dieter Mertens hat überzeugend analysiert, worin die Äquivalenzen zwischen Vorlage und Nachfolgetext bestehen, „so daß [auch] die Abwandlungen engstens auf das imitierte Vorbild bezogen” erscheinen.31Das gilt selbst für den wichtigsten thematischen Austausch: die humanistische „doctrina” („Bildung”) tritt an die Stelle der altrömischen „virtus” („Mannhaftigkeit”). Diese Substitution ist allerdings in gar keinem Fall eine gegen die Vorlage gerichtete Änderungsoperation. Der Text J. Adams erweist sich als ein gelehrtes Gedicht über die Gelehrsamkeit, die auf der Kenntnis der klassischen literarischen Vorbilder wie eben Horaz beruht und sich folgerichtig in ihrer „imitatio” realisiert. Der Text gehört somit in die humanistische Tradition der Aneignungsformen klassischer Vorbilder. Deren historische Eigenwilligkeit besteht nicht in der innovativen Überwindung des Vorbildes, sondern gerade in der größtmöglichen Annäherung an dieses. In dem Gelingen der Annäherung und Nacheiferung – von „imitatio” und „aemulatio” – liegt das Selbstwertgefühl des späthumanistischen Autors.32Dieses verträgt sich nun aber nicht mit dem Selbstverständnis des eingangs der Vorlesung gegebenen Explikationsvorschlages zu ‚Parodie’. Parodie im zuvor definierten Sinn zielt ja gerade auf Dekonstruktion und Depotenzierung des Vorbildes ab. Erneut ist also der Fall der Kontrafaktur gegeben. Damit geben wir die Tradition der „Parodia Horatiana” und mit ihr die Tradition der „parodia seria” (der „ernsten Parodie”) bzw. der „parodia sacra” (hier z. B. der reichen Produktion Jacob Baldes und vieler seiner jesuitischen Ordensbrüder des 17. und 18. Jahrhunderts33) in den Bereich von 'Kontrafaktur'.

Ein drittes Beispiel schließlich, im übrigen ein Beispiel, das zeigen kann, worin die etwa von Walther Brecht für die „Dunkelmännerbriefe” beobachtete artifizielle Kompetenz fundiert ist: in der systematisch geschulten „imitatio”. Warum? In der seit der Spätantike reichen Tradition der Centonen-Poesie haben sich im Laufe des 16. Jahrhunderts die Brüder Laelius und Julius Capilupus besonders hervorgetan. Julius legte dabei einen artifiziellen Versuch besonderer Art vor, er formte das „Paternoster” in Verse Vergils um:

Julius Capilupus: Paternoster34

Salve, sancte parens, summi regnator Olympi,
Quem primi colimus, coeloque ereboque potentem,
Semper honos, nomenque tuum, tua magna voluntas,
Imperium sine fine tuum, laudesque manebunt.
Dona laboratae Cereris, noctesque diesque
Da deinde, auxilioque leves quaecumque labori
Debita erant nostro; jam fas est parcere genti;
Nos tua progenies, atque haec exempla secutus,
Atque idem casus, miseris succurrere disco.
Nec segnem patiêre animum tentare precando;
Eripe me his, invicte, malis; haec omnia firma.

Es ist nachweisbar, daß die einzelne Zeile des Nachfolgetextes jeweils aus zwei Halbversen gebildet ist, die durchgehend verschiedenen Versen der „Aeneis” und der „Georgica” Vergils entlehnt sind. Dabei sind die Entlehnungen im Sinne der Centonen-Poetik der Tradition gleichsam ‚fugenlos’ und fast ohne verändernde Eingriffe in die Vorlagen aneinandergefügt. Aber: Daß es sich bei dieser literaturtechnischen Rafinesse keinesfalls um eine gegen das „Paternoster” gerichtete Operation, also keinesfalls um eine Parodie (im definierten Sinne) handelt, müßte klar sein! Vielmehr besteht hier im Zeitalter des späteren Humanismus das Anliegen darin, antike Bildungsüberlieferung und christlich-biblische Spiritualität miteinander zu versöhnen. Herbert Hunger, der Nestor der Byzantinistik, hat einen solchen Vorgang „mit den sekundären Gold- und Silberrahmungen vieler Ikonen der orthodoxen Welt” verglichen – ein unglaublich gelungener Vergleich: das „Paternoster” wäre dann die „Ikone”, die Vergilverse bildeten die „Gold- und Silberrahmung”. Sollte diese in vieler Hinsicht faszinierende Vergleichsidee zutreffen – und warum eigentlich nicht! –, wäre die Funktion der ‚kostbaren Rahmung’ biblischer Simplizität und Prosa schlüssig erklärt. Von ‚Parodie’ indes kann erneut nicht die Rede sein; Gunther Witting und ich sind daher der Ansicht, man müsse hier von „Cento-Kontrafaktur” sprechen.35Daß es auch die Variante „Cento-Parodie” gibt, davon wird später zu sprechen sein.


1 Dieter Mertens: Geschichte der politischen Ideen im Mittelalter, in: Fenske/Mertens/Reinhard/Rosen: Geschichte der politischen Ideen. Von Homer bis zur Gegenwart, Königstein/Ts. 1981, S. 119-200, hier S. 121.
2 Winfried Trillitzsch (Hrsg.): Der deutsche Renaissancehumanismus. Abriß und Auswahl, Leipzig (Reclam) 1981, S. 450-480, hier S. 479.
3 Ich folge in diesem Teilkapitel bis in einzelne Formulierungen hinein den zusammenfassenden Darstellungen in: Briefe der Dunkelmänner. Vollständige Ausgabe, übers. v. Wilhelm Binder, revidiert, mit Anm. u. e. Nachw. versehen v. Peter Amelung, München 1964 (= Die Fundgrube: 5), S. 261-272: "Nachwort"; Joachim G. Boeckh u.a.: Geschichte der deutschen Literatur von 1480 bis 1600, Berlin (Ost) 1960 (= Geschichte der deutschen Literatur: IV), S. 178-184; Hans Rupprich: Die deutsche Literatur vom späten Mittelalter bis zum Barock, München 1970 (= Geschichte der deutschen Literatur: IV), Erster Teil: 1370-1520, S. 709-720.
4 Trillitzsch, Der deutsche Renaissancehumanismus, S. 452-453.
5 Vgl. Walther Brecht: Die Verfasser der "Epistolae obscurorum virorum", Straßburg 1904, S. 13.
6 Vgl. Brecht: Die Verfasser, S. 376ff.: "Chronologische Übersicht".
7 Amelung: Briefe der Dunkelmänner, S. 269.
8 Vgl. Amelung: Briefe der Dunkelmänner, S. 270.
9 Adalbert Elschenbroich (Hrsg.): Humanismus und Reformation. Deutsche Literatur im 16. Jahrhundert, München o.J., hier S. 1171.
10 Vgl. dazu Rupprich, Die deutsche Literatur, S. 712f.
11 Vgl. Rupprich: Die deutsche Literatur, S. 712.
12 Michail M. Bachtin: Die Ästhetik des Wortes, hrsg. u. eingel. v. Rainer Grübel (aus dem Russischen übers. v. R. Grübel u. Sabine Reese), Frankfurt/M. 1979 (= edition suhrkamp: 967), S. 310f.
13 Elschenbroich: Humanismus und Reformation, S. 1171.
14 Vgl. Brecht: Die Verfasser, S. 125.
15 Brecht: Die Verfasser, S. 126; Brecht zitiert Wilhelm Scherer: Geschichte der Deutschen Literatur, Berlin hier 151922, S. 273f.
16 Brecht: Die Verfasser, S. VIII-IX.
17 Jurij Tynjanov: Dostoevskij und Gogol‘ (Zur Theorie der Parodie), in: Jurij Striedter (Hrsg.): Russischer Formalismus, München 1971 (= UTB: 40), S. 301ff., hier S. 307.
18 Vgl. Amelung: Briefe der Dunkelmänner, S. 265.
19 Brecht: Die Verfasser, S. 87.
20 Vgl. Amelung: Briefe der Dunkelmänner, S. 34-37; s. Verweyen/Witting: Walpurga, S. 56-58.
21 Dieter Lamping: Der Name in der Erzählung. Zur Poetik des Personennamens, Bonn 1983, S. 42f.
22 Günter Hess: Deutsch-lateinische Narrenzunft, München 1971, S. 175ff.
23 Bachtin: Der Karneval und die Karnevalisierung der Literatur, in: ders.: Literatur und Karneval, S. 47ff., hier S. 49.
24 Bachtin: Die Ästhetik des Wortes, S. 229.
25 Vgl. Amelung: Briefe der Dunkelmänner, S. 270.
26 Brecht: Die Verfasser, S. 47.
27 Friedrich Ranke: Zum Formwillen und Lebensgefühl in der deutschen Dichtung des späten Mittelalters, in: Deutsche Vierteljahrsschrift 18, 1940, S. 307-327, hier S. 314.
28 Vgl. Verweyen/Witting: Die Parodie, 1979, S. 138ff.; ferner Verweyen/Witting: Die Kontrafaktur, 1987, S. 103ff. Entsprechend ist Kritik zu üben an dem Gebrauch von ‘Parodie‘ bei Lutz Röhrich: Gebärde - Metapher - Parodie. Studien zur Sprache und Volksdichtung, Düsseldorf 1967, S. 115ff.
29 Parnassus Palatinus. Humanistische Dichtung in Heidelberg und der alten Kurpfalz. Lat.-dt., hrsg. v. Wilhelm Kühlmann u. Hermann Wiegand, Heidelberg 1989, S. 112/113-114/115.
30 Eckart Schäfer: Deutscher Horaz - Conrad Celtis, Georg Fabricius, Paul Melissus, Jacob Balde. Die Nachwirkung des Horaz in der neulateinischen Dichtung Deutschlands, Wiesbaden 1976; Dieter Mertens: Zu Heidelberger Dichtern von Schede bis Zincgref, in: Zeitschrift für deutsches Altertum 103, 1974, S. 200-241.
31 Mertens: Zu Heidelberger Dichtern, S. 215f.
32 Mertens: Zu Heidelberger Dichtern, S. 215f.
33 Schäfer: Deutscher Horaz: das Jacob Balde-Kapitel und darüber hinaus die mittlerweile reiche Forschungsliteratur dazu.
34 Theodor Verweyen u. Gunther Witting: Der Cento. Eine Form der Intertextualität von der Zitatmontage zur Parodie, in: Euphorion 87, 1993, S. 1-27, hier S. 15f. Die Darlegungen in diesem Aufsatz fußen auf Untersuchungen der 70er Jahre im Zusammenhang mit den Monographien zur Parodie in der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (vgl. VW: Die Parodie, 1979) und zur Kontrafaktur in der "Konstanzer Bibliothek" (vgl. VW: Die Kontrafaktur, 1987) sowie auf Untersuchungen von D. Mertens und Th. Verweyen zur Form des Emblem-Kommentars in Julius Wilhelm Zincgrefs "Emblemata ethico-politica" (vgl. die Ausgabe von D. Mertens u. Th. Verweyen). Es ist daher völlig unverständlich, wie Christoph Hoch allen Ernstes glaubt behaupten zu dürfen, Verweyens und Wittings Analysen stützten sich "auf eine gänzlich ungenügende Textbasis": vgl. C. Hoch: Apollo Centonarius. Studien und Texte zur Centodichtung der italienischen Renaissance, Tübingen 1997 (= Romanica et Comparatistica: 26), S. 9f. C. Hoch ignoriert, so umfassend es nur eben geht, alle unsere Verweisungen auf weitere Texte im Zusammenhang unserer paradigmatischen Analysen, übergeht unsere Anthologien und Textanhänge und erkennt offensichtlich nicht den systematischen Ansatz paradigmatischer Analyse. Nun, Hochs Ignoranz hindert den Autor freilich nicht, unsere systematischen Unterscheidungen zu "Cento", "Parodie", "Kontrafaktur", "Pastiche" und nicht zuletzt zu "Cento-Parodie" und "Cento-Kontrafaktur" ohne irgendeinen speziellen Herkunftsbeleg zu übernehmen (vgl. Hoch: Apollo Centonarius, 1997, S. 15f. mit Verweyen/Witting: Der Cento, 1993, S. 21f.). Nicht ohne ein gewisses Vergnügen verweise ich auf VW: Art. "Cento", in RL3, Bd. 1 von 1997.
35 Vgl. VW: Der Cento, 1993, S. 21f.

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Created: 20.09.1997
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