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Harsdoerfer


Georg Philipp Harsdörffer - ein Nürnberger Barockautor im Spannungsfeld heimischer Dichtungstraditionen und europäischer Literaturkultur (II)


von Theodor Verweyen

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Ein zweites Beispiel: Der spät als 'Novellist' erkannte Autor Harsdörffer hat in zahlreichen Erzählsammlungen aberhunderte Geschichten zum Besten gegeben. Eine dieser Sammlungen, erschienen 1652, trägt den Titel:

Heraclitus und Democritus Das ist C. Fröliche und Traurige Geschichte: gedolmetscht Aus den lehrreichen Schrifften H. P. Camus Bischoffs zu Belley. benebens angefügten X. Geschichtreden aus Den Griechischen und Römischen Historien zu übung der Wolredenheit gesamlet […] Nürnberg […] 1652.

In diesem Titel geben das Signalwort "gedolmetscht" und der Name des 'gedolmetschten' Autors, Jean-Pierre Camus, konkrete Hinweise darauf, daß es sich bei der Erzählsammlung Harsdörffers um die übersetzende Aneignung einer fremden Vorlage handelt - mehr noch: im Titel sind zudem zweckgebundene, der rhetorischen Ausbildung, der „Wolredenheit“ dienende Anleihen aus der griechischen und lateinischen Historiographie angekündigt.


Ein drittes Beispiel schließlich: In völliger Übereinstimmung mit seiner Epoche und ihren Trends gilt Harsdörffers Formanliegen immer wieder auch kürzesten Geschichten mit ihren scharfsinnig erzählten, pointiert gewendeten und sentenziös zubereiteten Überbietungen. Das belegt die 1655 publizierte Sammlung solcher Kürzesterzählungen mit dem Titel:

Ars Apophthegmatica, Das ist: Kunstquellen Denckwürdiger Lehrsprüche und Ergötzlicher Hofreden; Wie solche Nachsinnig zu suchen / erfreulich zu finden / anständig zugebrauchen und schicklich zu beantworten: in Drey Tausend Exempeln / aus Hebräischen / Syrischen / Arabischen / Persischen / Griechischen / Lateinischen / Spanischen / Jtalianischen / Frantzösischen / Engländischen / Nieder- und Hochteutschen Scribenten / angewiesen […] Nürnberg […] 1655.

Natürlich ist zu fragen, mit welchem Realitätsgehalt solche Titulaturen noch verbunden sind, wieviel an ihnen womöglich Phantasieprodukt ist. Vorsicht scheint geboten, freilich. Unterdessen hat komparatistisch orientierte Literaturforschung zum deutschen Barock Erstaunliches zutage gefördert. Ein letztes Beispiel mit folgendem Buchtitel:


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Der Grosse Schau-Platz / Lust- vnd Lehrreicher Geschichte. Das erste hundert. […] Franckfurt […] 1651.

In diesem "Schauplatz" ist, obwohl dessen Titel nicht einmal einen Herkunftsbeleg anführt, eine Schicht erzählender Prosa nachgewiesen worden, die aus dem Spanischen stammt. Und zwar hat Harsdörffer schon in dieser einen der vielen Werkschichten sieben Erzählungen aus den zwölf "Novelas ejemplares" entlehnt, die der große spanische Autor Miguel de Cervantes Saavedra 1613 publiziert hatte: Erzählungen wie die vom "betrogenen Betrüger", von der "Regung des Geblüts" oder auch von der "edlen Dienstmagd". Dabei geht der Nürnberger nicht den Weg der mehr oder weniger wörtlichen Übersetzung - wozu er imstande gewesen wäre -, sondern den Weg der verarbeitenden Aneignung der Vorbilderzählungen und zugleich der Profilierung des Exemplarischen der Mustertexte. Absicht solcher Aufnahme ist es, unterschiedlichste 'Fälle' des Lebens, eben Kasus, zu erzählen und somit narrativ "durchgespielte Entscheidungshilfen", eben "Geschichtschreibung mit Exemplen und Beyspielen", anzubieten, auf dass "daraus die Nachwelt eine Lehre oder Warnung zu schöpfen haben möchte".1

Und was hier mit einem Erzählband Harsdörffers aufscheint, das gilt für seine übrigen Sammelwerke kurzer Prosaerzählungen in ganz und gar vergleichbarer Weise. So folgt "Der Grosse Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte", folgt der Erzählband "Heraclitus und Democritus" französischen Erzählsammlungen, deren Autor Jean-Pierre Camus (1584-1652) ist - eine ebenso auffällige wie für die literarischen Wandlungen des 17. Jahrhunderts wichtige Erscheinung, die literarhistoriographisch bloß noch nicht hinreichend gewürdigt ist.2 Der Reichtum des Camusschen Erzählens, das seinerseits in europäische, insbesondere italienische und spanische Traditionen eingebettet ist, bietet Harsdörffer die Gewähr für ein Erzählen, das auf das Exemplarische der Darstellung in moralischer so gut wie ästhetisch-rhetorischer Hinsicht gerichtet sein soll.

Dabei ist das Moralisch-Exemplarische der Geschichten Harsdörffers, Camus' oder des Cervantes in einer Denkform begründet, die ihren prägnantesten Ausdruck in der "Welttheater"-Vorstellung, der "theatrum mundi"-Metaphorik, also in der "Schauplatz"-Bildlichkeit gefunden hat - uns allen sind die Formulierungen aus der literarischen Überlieferung vielleicht ja noch geläufig: "Das Leben ein Traum", "Il teatro del mondo", "Dasein heißt eine Rolle spielen" …! Nur ist, das sei rasch ergänzt, der metaphysisch-theologische Fundierungszusammenhang, aus dem jene Formulierungen allein angemessen zu verstehen sind, heute nicht mehr geläufig, das Wissen darum zwischenzeitlich verlorengegangen. Demnach ist es so, dass Titel wie "Grosser Schauplatz jämmerlicher Mordgeschichte" und das französische Pendant "L'Amphithéâtre sanglant" des Bischofs von Bellay ihren Grund in einer theologischen Poetik3 haben; der wurde gerade Mitte des 17. Jahrhunderts im Zuge der vorpietistischen Reformbewegung im orthodoxen Protestantismus Nürnbergs eine tiefdringende und nicht zuletzt auch in der Literatur eines Harsdörffer, eines Birken und vieler anderer sich ausprägende Wirkung zuteil.

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Aber es ist nicht allein das Moralisch-Exemplarische und exemplarisch Lehrreiche, das antike und humanistische "prodesse", also das Zweckgebundene, das der Literatur einen bedeutenden Rang in den lebensweltlichen Zusammenhängen der Zeit sichern sollte. Ein eigener Stellenwert war ebenso dem Exemplarischen der ästhetisch-rhetorischen Durchbildung der Literatur und dem Exemplarischen ihrer publizistisch-öffentlichen und konversationell-kommunikativen Funktionen zugedacht. Dafür kann das literarische Hauptwerk Harsdörffers in herausragender Weise einstehen. Unter dem Eindruck des französischen Ideals des "honnête homme", des "informierten und gesellschaftlich geschliffenen Menschentyps" orientiert sich der Nürnberger in seinen "Frauenzimmer Gesprächspielen" nicht zuletzt am Modell und an den Inhalten der öffentlichen "Conférences" in Paris - jener Art informeller Versammlung, in der Vertreter der Belletristik und der bildungshungrigen Mittelschicht, nicht weniger aber auch Vertreter der Naturwissenschaften über "alle schönen Materien der Physik, der Moral, der Mathematik und anderer Disziplinen" debattieren. Da die von Théophraste Renaudot 1633 eröffneten und bis 1641 stattfindenden Sitzungen der "Conférences" nach Verlauf und Inhalten in protokollartiger Form veröffentlicht worden sind, fand der hellwache Harsdörffer ein unerschöpfliches Reservoir an Themen und Darbietungsweisen vor: für seine "wissenschaftlichen Popularisierungswerke" (wie etwa die "Delitiae Mathematicae"), für seine Erzählsammlungen (wie die "Schauplätze") und ganz besonders für seine Konversationsspiele. Gerade weil diese letzteren vielfältig "Information und Erzählung" kombinieren, "Wissen und geistiges Vergnügen" verbinden, das "delectare" der antiken und humanistischen Doppelbestimmung der Literatur neben dem "prodesse" wirklich ernst nehmen, sieht man zutreffend in der Anlage der "Gesprächspiele" eine "Konversationsästhetik des 'impromptu'" am Werk.4 Ich kann das hier aus zeitlichen Gründen leider im einzelnen nicht demonstrieren. Stattdessen kann ich noch auf eine zweite wesentliche Anregung für die ganz und gar dialogisch angelegten "Gesprächspiele" hinweisen. Harsdörffer ist nämlich nicht nur ein Vermittler einer "deutsch-französischen Konversation":


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Das Forum der Gesprächspiele nehmen sechs Personen ein; in einer schönen Villa fernab der Welt - und in auffälliger Nähe zur literarischen Fiktion novellistischen Erzählens - wenden sie sich gelehrter, unterhaltender, scharfsinniger Konversation zu. Die Eigenwilligkeit der Runde nun will es, dass sie von einer denkwürdigen Parität ist: drei Männer und drei Frauen sind, um im Bilde zu bleiben, gleichermaßen 'spielberechtigt'. Die Parität ist nicht einfach nur eine numerische, sondern mehr noch eine gesellschaftliche - eine Parität wechselseitigen Respekts und gegenseitiger Wertschätzung. Das ist in einer Epoche mit Romanen pikarischer 'Frauenzimmer' wie beispielsweise "La pícara Justina" (1605) oder, sprechender noch, "Lebensbeschreibung der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche" (1670) ebenso erstaunlich wie interpretationsbedürftig. Entwirft Harsdörffer etwa ein utopisches Modell künftigen gesellschaftlichen Zusammenlebens und symmetrischer Kommunikation der Geschlechter? Ohne diesen Aspekt grundsätzlich in Abrede stellen zu können, möchte ich dank der Forschungen der italienischen Germanistik (und insbesondere meines Freundes Italo Michele Battafarano) fürs erste auf näherliegende literarhistorische Resultate zurückgreifen. Danach sind Poesie und Gelehrtenkultur, literarische Theorie bzw. Praxis und lebensweltliche Erfahrung, peregrinatio academica und süd- und westeuropäische Neuerungen auf allen Gebieten der Literatur ein enges Bündnis eingegangen. Erneut läßt sich vom Werktitel "Frauenzimmer Gesprächspiele" ausgehen. Diese besondere Art von 'Gesprächspiel' richtet sich, so lautet der Deutungsvorschlag des Titels, "nicht nur an Männer, sondern diesmal auch an Frauen", und zwar an Frauen nicht deswegen, "weil sie auch typisch weibliche Themen" integriert, sondern weil sie programmatisch darauf angelegt scheint, "die Frau als Gleichberechtigte in die Welt der Literatur einzugliedern". Die grundlegende Anregung zu einem solchen literarischen Unternehmen aber geht auf den Aufenthalt Harsdörffers in Venedig, Siena und Neapel zurück.5 Hier hat er die italienische Variante der europäischen Akademie-Bewegung kennengelernt: "Intronati", "Incogniti" und "Oziosi" hießen, in poetisch sprechender Namengebung, die Gelehrtengruppen in diesen Städten, an deren Sitzungen er persönlich teilnahm. Er war Mitglied der Neapolitanischen Accademia degli Oziosi. Und die Accademia degli Intronati zu Siena "gehörte nicht nur zu den wichtigsten unter den über zweitausend Akademien Italiens in der frühen Neuzeit, sondern sie war auch diejenige, welche die Verstandesspiele, die Novellentradition" und viele andere Formen intellektueller Geselligkeit pflegte. "Dies geschah in engem Kontakt zu einer wichtigen Frauenakademie in Siena, in der nur Frauen dichteten und ihre Kompositionen" dem 'Urteil' "allein unter Frauen unterwarfen".6 Auf Parität dringendes Denken und Dichten wird darin sichtbar. Und der Nürnberger Harsdörffer, der dies alles als Augen- und Ohrenzeuge erlebt und erfahren hat, legte es mit seinem "Bildungsprogramm", kosmopolitisch orientiert, darauf an, an der "europäischen Gleichzeitigkeit" der "noch defizitären deutschen Literatur" mitzuwirken.7

Auf ein womöglich irritierendes Moment muß ich unbedingt noch eingehen. Es dürfte Ihnen ja nicht entgangen sein, dass das deutsche Œuvre Harsdörffers - im übrigen gibt es auch ein lateinisches von ihm - weitgehend aus Übersetzungen anderssprachlicher Literatur besteht und aus der Nachahmung vorgelebter Formen der literarischen und gelehrten Kommunikation im süd- und westeuropäischen Ausland lebt. Muß sich da nicht der Verdacht des Plagiats, wenigstens aber der Gedanke von unfreier Kunst und Kunstausübung regen? Aufgrund der neuzeitlich-modernen Erfahrung poetisch-schöpferischer Produktion und Rezeption sind uns ja Erwartungen an Kunst wie Originalität und genialer Wurf, Ungebundenheit kreativer Phantasie und Freiheit des künstlerischen Schaffens geläufig - ich hätte sagen sollen: selbstverständlich geworden, und zwar deswegen diese Nuance, weil eine gar nicht tiefgreifend genug zu denkende Zäsur in der Geschichte der Kunst und Literatur das "Nürnberger Barock" getrennt hat von der Modernität einer als "autonom" aufgefaßten Kunst mit ihrem eigenen Rezeptionsanspruch "ästhetischer Evidenz". Das Nürnberger Barock ist infolgedessen zu einer fremden Literatur geworden, die nurmehr in der Weise der Alterität zugänglich werden kann. Das sei mit der Literaturtheorie Harsdörffers kurz illustriert. Seine Theorie liegt in der Poetik von 1647-1653 in drei Teilbänden ausgearbeitet vor:

Poetischer Trichter [.] Die Teutsche Dicht- und Reimkunst ohne Behuf der lateinischen Sprache in VI. Stunden einzugiessen. […] Durch ein Mitglied Der hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschaft. Nürnberg […] M.DC.XLVII.

So merkwürdig der Titel heute auch anmuten mag, es muß vor einem ahistorischen Mißverständnis gewarnt werden, welches die Geschichte der inner- und außerliterarischen Rezeption aus ihm gemacht hat: eine Redewendung ("Nürnberger Trichter"), mit der man jemandem eine gewisse Unbedarftheit nachsagen will. Nein, historisch verbindet sich mit diesem Titel ganz und gar anderes und nichts Pejoratives: der dominierende Gedanke ist nämlich Lehr- und Lernbarkeit der Poesie. Dichtungstheorie mit diesem Grundgedanken hat einen präskriptiven Charakter; Poetiken solcher Art und Herkunft sind sog. "Anleitungs-" oder auch "Anweisungspoetiken". Natürlich gehört so etwas, dichtungsgeschichtlich betrachtet, der Vergangenheit an, in dieser Vergangenheit hat es jedoch literarische und kulturelle Überlieferungen auszubilden vermocht, die von Stabilität und Nachhaltigkeit bestimmt waren. Für derartige geschichtliche Phänomene und Prozesse großer Kontinuität pflegen wir das Wort "Tradition" zu verwenden.

Die poetologische Grundlage der literarischen Traditionsbildung hat ihre kanonische Ausarbeitung in der lateinischen Antike des ersten nachchristlichen Jahrhunderts erhalten. Ihr wichtigstes Schlagwort lautet "Imitatio veterum", "Nachahmung der Alten" und bezeichnet in charakterisierendem Sinn den literarischen Wettkampf mit vorbildlichen Autoren, Musterwerken und Werkmustern. In Harsdörffers Poetik hat sie gemäß ihrem didaktischen Programm die schlichte Formulierung gefunden:
Hierher gehöret was Cicero aus Demosthene / Virgilius aus Homero, Horatius aus Pindaro abgesehen und sehr glückselig nachgekünstelt / daß auch jener recht gesagt; die Römischen Redner und Poeten haben aus der Griechen alten Mänteln neue Kleider gemachet / und sie mit guldnen und silbernen Borten verbremet / daß sie nicht mehr erkantlich gewesen. Oder / wie ein ander hiervon ein solches Gleichnis gegeben: der jüngern grosse Kertze ist von der ältern kleinen Lampen angezündet worden / und leuchtet viel heller als jene. Zu solchem Ende lesen wir vortrefflicher Leute Bücher / daß wir von ihnen lernen und ihrer Wolredenheit nachahmen wollen.8

Dieses rhetorisch-poetische Konzept - bei Harsdörffer bezeichnenderweise skizziert im dritten Teil der Poetik von "Prob und Lob der Teutschen Wolredenheit" - liegt seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts allen literarischen Akkulturationsschüben im Europa mit einer bestimmten Sprachbasis zugrunde. Denn diese Akkulturationsschübe ereigneten sich zunächst im italienischen Renaissance-Humanismus - seit Francesco Petrarcas Beschäftigung mit der maßgeblichen „Rhetorik“ der Antike von Quintilian - im Horizont der antik-lateinischen Rezeptionen, dann unter Fortführung des rhetorischen Prinzips der Imitation in den transalpinen "Kulturnationen" in ihrer jeweiligen Literatursprache. Dieser Akkulturationsprozeß dauert beispielsweise in Frankreich bis zur "Querelle des Anciens et des Modernes" um die Jahrhundertwende zur Aufklärung, in Deutschland bis zur "genie-ästhetischen Literaturrevolution" in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Es handelt sich um einen fast vierhundertjährigen literarischen und kulturellen Prozeß gemeineuropäischen Ausmaßes. Darin sind Idee und Modell antik-lateinisch, die frühneuzeitlichen Realisierungen muttersprachlich. Auf dieser Grundlage kann die fortschrittliche Literatur der frühen Neuzeit im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation nurmehr europäischer, nicht mehr heimischer Art und Herkunft sein.

Eingangs meines Vortrages habe ich die Frage danach gestellt, ob die akademischen Bemühungen um frühneuzeitliches und barock-literarisches Traditionswissen heute noch begründungsfähig sein können. Auf dem Rücken meiner Ausführungen lief eine bestimmte Antwort darauf stets mit. In einer Zeit, in der am "europäischen Haus" gebaut wird, müßte es doch faszinierend sein, zu wissen, daß es schon einmal - lange vor dem politischen und allzu häufig mörderischen Vorwalten der "Idee der Nation" und des "Nationalismus als Instrument der Massenmobilisierung" - so etwas wie die Idee "Europa" gegeben hat,9 wenngleich nur als Idee kleiner Gelehrtengruppen mit einer bestimmten kulturellen Identität, die man im übrigen nicht immer gleich mit der eingefärbten Bezeichnung „Funktionselite“ versehen sollte.



Anmerkungen

1 Vgl. die instruktive Studie von Rötzer, Die Rezeption, 1990, S. 365-383, hier S. 367. Rötzer bezieht sich, teilweise zitierend, auf die "Zuschrifft" in: Harsdörffer, Schauplatz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 1978, fol. aiiij-avv.

2 Vgl. Günther Weydt, Nachahmung und Schöpfung im Barock. Studien um Grimmelshausen, Bern/München 1968, S. 59ff., bes. S. 65f.

3 Vgl. dazu etwa Verweyen, Dichtungstheorie, bes. S. 178-185; Krebs, Harsdörffer liest die französischen Dichter, bes. S. 229-233; Wilfried Barner, Barockrhetorik. Untersuchungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen, Tübingen 1970, bes. S. 86ff.

4 Siehe die vorzügliche Studie von Krebs, Deutsche Barocknovelle, bes. S. 480f. und S. 488f.

5 Battafarano, Die Frau als Subjekt, in: ders., Glanz des Barock, 1994, bes. S. 122.

6 Battafarano, Vom Dolmetschen, in: Paas, "der Franken Rom", S. 210 bzw. S. 201.

7 Battafarano, Vom Dolmetschen, S. 203.

8 Harsdörffer, Poetischer Trichter, Dritter Theil, Kap. V: Von der Nachahmung. (de Imitatione), S. 42.

9 Siehe dazu etwa Verweyen, Nationale Identität, S. 67-91.


Bibliographische Hinweise

Werkbibliographie
Dünnhaupt, Gerhard: Bibliographisches Handbuch der Barockliteratur. Hundert Personalbibliographien deutscher Autoren des siebzehnten Jahrhunderts, Zweiter Teil: H-P, Stuttgart 1981, S. 776-820.


Textausgaben (neuerer Zeit, ausgewählt)
Die Pegnitz-Schäfer. Nürnberger Barockdichtung, hrsg. v. Eberhard Mannack, Stuttgart 1968 (Reclams Universal-Bibliothek: Nr. 8545-48).

Die Pegnitz Schäfer. Georg Philipp Harsdörffer Johann Klaj Sigmund von Birken, Gedichte, hrsg. v. Gerhard Rühm, Berlin 1964.

Harsdörffer, Georg Philipp / Birken, Sigmund v. / Klaj, Johann
Pegnesisches Schäfergedicht 1644-1645, hrsg. v. Klaus Garber, Tübingen 1966 (Deutsche Neudrucke, Reihe Barock: Bd. 8).

Harsdörffer, Georg Philipp / Schwenter, Daniel
Deliciae Physico-Mathematicae oder Mathematische und Philosophische Erquickstunden, Bd. 1: Neudruck der Ausgabe Nürnberg 1636, hrsg. u. eingel. v. Jörg Jochen Berns, Frankfurt/M. 1991 (Texte der Frühen Neuzeit: Bd. 3).

Harsdörffer, Georg Philipp
Poetischer Trichter, Darmstadt 1969 (Repr. Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1650 = 1. Teil, Nürnberg 1648 = 2. Teil, Nürnberg 1653 = 3. Teil).

Frauenzimmer Gesprächspiele, hrsg. v. Irmgard Böttcher, Teil I-VIII, Tübingen 1968-1969 (Deutsche Neudrucke, Reihe Barock: Bd. 13-20).

Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte, Hildesheim/New York 1975 (Repr. Nachdruck der Ausgabe Hamburg 1656).

Der Grosse Schauplatz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde. in 1 Bd., Hildesheim/New York 1978 (Repr. Nachdruck der Ausgaben Frankfurt u. Hamburg 1664).

Ars Apophthegmatica. Das ist: Kunstquellen Denckwürdiger Lehrsprüche und Ergötzlicher Hofreden, Bd. 1: Neudruck der Ausgabe Nürnberg 1655, hrsg. u. eingel. v. Georg Braungart, Frankfurt/M. 1990 (Texte der Frühen Neuzeit: Bd. 2).


Sekundärliteratur
Sammelbände

Buhl, Wolfgang (Hrsg.): Fränkische Klassiker. Eine Literaturgeschichte in Einzeldarstellungen, Nürnberg 1971.

Buhl, Wolfgang (Hrsg.): Barock in Franken, Würzburg 1969.
Paas, John Roger (Hrsg.): "der Franken Rom". Nürnbergs Blütezeit in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, Wiesbaden 1995.

Battafarano, Italo Michele (Hrsg.): Georg Philipp Harsdörffer. Ein deutscher Dichter und europäischer Gelehrter, Bern u.a. 1991 (IRIS = Ricerche di cultura europea: Bd. 1).

Battafarano, Italo Michele: Glanz des Barock. Forschungen zur deutschen als europäischer Literatur, Bern u.a. 1994 (IRIS: Bd. 8), S. 75-136: mit vier wichtigen Harsdörffer-Beiträgen.


Einzelbeiträge (sehr selektiv)

Wölfel, Kurt: Nürnberg als poetischer Trichter. Über das literarische Leben in der Reichsstadt, in: Buhl, Barock in Franken, S. 109-141.

Bischoff, Theodor: Georg Philipp Harsdörfer [sic]. Ein Zeitbild aus dem 17. Jahrhundert, in: Th. Bischoff/August Schmidt (Hrsg.), Festschrift zur 250jährigen Jubelfeier des Pegnesischen Blumenordens, Nürnberg 1894.

Böttcher, Irmgard: Der Nürnberger Georg Philipp Harsdörffer, in: Harald Steinhagen/Benno von Wiese (Hrsg.), Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts. Ihr Leben und Werk, Berlin 1984, S. 289-346.

Böttcher, Irmgard: Art. "Harsdörffer, Georg Philipp", in: Walther Killy (Hrsg.), Literatur Lexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache, Bd. 5, Gütersloh/München 1990, S. 23-26.

Ingen, Ferdinand van: Georg Philipp Harsdörffer und die Pegnitz-Schäfer Johann Klaj und Sigmund von Birken, in: Gunter E. Grimm/Frank Rainer Max (Hrsg.), Deutsche Dichter. Leben und Werk deutschsprachiger Autoren, Bd. 2: Reformation, Renaissance und Barock, Stuttgart 1988 (RUB: Nr. 8612), S. 195-211.

Zirnbauer, Harsdörffer, in: Buhl, Fränkische Klassiker, S. 301-315.

Battafarano, Italo Michele: Vom Dolmetschen als Vermittlung und Auslegung. Der Nürnberger Georg Philipp Harsdörffer - ein Sohn Europas, in: Paas, "der Franken Rom", S. 196-212.

Battafarano, Italo Michele: Die Frau als Subjekt der Literatur: Harsdörffer auf den Spuren der Intronati, Incogniti, Oziosi, in: Battafarano, Glanz des Barock, S. 117-136.

Hess, Peter Andreas: Poetik ohne Trichter. Harsdörffers "Dicht- und Reimkunst", Diss. Univ. of Michigan 1984.

Kayser, Wolfgang: Die Klangmalerei bei Harsdörffer, Göttingen 21962 (Palaestra: Bd. 179).

Krebs, Jean-Daniel: Georg Philipp Harsdörffer (1607-1658). Poétique et Poésie, 2 Bde., Bern u.a. 1983.

Krebs, Jean-Daniel: Georg Philipp Harsdörffer liest die französischen Dichter, in: Paas, "der Franken Rom", S. 224-242.

Krebs, Jean-Daniel: Deutsche Barocknovelle zwischen Morallehre und Information: Georg Philipp Harsdörffer und Théophraste Renaudot, in: Modern Language Notes 103, 1988, Nr. 3, S. 478-503.

Meier, Esther: Die Titelkupfer der "Frauenzimmer Gesprächspiele" Harsdörffers, in: Morgen-Glantz (Zeitschrift der Christian Knorr von Rosenroth-Gesellschaft) 10, 2000, S. 239-294.

Narciss, Georg Adolf: Studien zu den Frauenzimmergesprächspielen Georg Philipp Harsdörffers (1607-1658), Leipzig 1928 (Form und Geist: Bd. 5).

Rötzer, Hans Gerd: Die Rezeption der "Novelas ejemplares" bei Harsdörffer, in: Chloe 9 (Beiträge zur Aufnahme der italienischen und spanischen Literatur in Deutschland im 16. und 17. Jahrhundert, hrsg. v. Albertino Martino), 1990, S. 365-383.

Verweyen, Theodor: Apophthegma und Scherzrede. Die Geschichte einer einfachen Gattungsform und ihrer Entfaltung im 17. Jahrhundert, Bad Homburg v.d.H. 1970 (Linguistica et Litteraria: Bd. 5), S. 135-146.

Verweyen, Theodor: Dichtungstheorie und Dichterverständnis bei den Nürnbergern, in: Paas, "der Franken Rom", S. 178-195.

Verweyen, Theodor: Nationale Identität als Problem im Barock: Opitz und die "Fruchtbringende Gesellschaft", Grimmelshausen und Moscherosch, in: Stefan Krimm/Wieland Zirbs (Hrsg.), Die Deutschen und die andern: Patriotismus, Nationalgefühl und Nationalismus in der deutschen Geschichte. Acta Ising 1996, München (Bayerischer Schulbuch Verlag) 1997, S. 67-91.

Zeller, Rosmarie: Spiel und Konversation im Barock. Untersuchungen zu Harsdörffers "Gesprächspielen", Berlin/New York 1974 (Quellen und Forschungen zur Sprach- und Kulturgeschichte der germanischen Völker: Bd. 177).





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