Parodie

Peter Rühmkorf
1929 in Dortmund geboren, lebt seit langem in Hamburg. Dort Studium der deutschen Literatur, Psychologie, Pädagogik und Kunstgeschichte. Wechselt noch vor dem Abschluß in den Rowohlt-Verlag, der auch seine ersten Gedichtbände "Irdisches Vergnügen in g" (1959) und "Kunststücke" (1962) publiziert. Nach mehrjährigem Lektorat freier Schriftsteller. 1960 Aufnahme in die Gruppe 47. Ehrendoktor der Universität Gießen. Rühmkorf ist mit allen bedeutenden Literaturpreisen der Bundesrepublik, darunter dem Arno-Schmidt-Preis und dem Georg-Büchner-Preis, ausgezeichnet worden.

Naturlyrik
Eine zuerst 1956 in der Zeitschrift "Zwischen den Kriegen" unter dem Pseudonym Leslie Meier, dann 1957 im "Studenten-Kurier" unter dem Decknamen Hans Hingst veröffentlichte Parodie auf die Naturlyrik der Gruppe 47, die Rühmkorf wiederholt - etwa in "Leslie Meiers Lyrik-Schlachthof" - als "Kleinmalerei mit Existentialistenpose" apostrophiert hat.

Lied der Benn-Epigonen
Der in die Abteilung "Volks- und Monomanenlieder" des Gedichtbandes "Irdisches Vergnügen in g" aufgenommene Text bezieht sich parodistisch auf die suggestive Wirkungsgeschichte Gottfried Benns (1886-1956) während der Adenauer-Restauration, der Rühmkorf in der Januar-Nummer der Zeitschrift "konkret" von 1958 im zweiten Artikel über die "Benn-Epigonen" des "Lyrik-Schlachthofes" vorhält: "unsere Zeit leidet an unproduktiver Geschmeidigkeit".

Auf eine Weise des Joseph Freiherrn v. Eichendorff
Vorlage der 1961 auf der Rückseite der Hamburger Studentenzeitschrift "konkret" publizierten Parodie, die dann eine der vier "Variationen" der "Kunststücke" bildet, ist Eichendorffs Gedicht ""In einem kühlen Grunde"" von 1813, dessen Breiten- und Tiefenwirkung nicht zuletzt auf die Formen des Wünschens und Sehnens der mittleren Strophen und dessen Popularität vor allem auf die schlichte Vertonung von Friedrich Glück aus dem Jahre 1814 zurückgehen dürfte. Im übrigen erschwert Rühmkorf die Rezeption des sog. Volksliedes durch die Montage literarischer Bezugnahmen.

Variationen auf "Abendlied" von M. Claudius
Der 1961 in "konkret" publizierten und 1962 in die Abteilung "Variationen" der "Kunststücke" aufgenommenen Parodie liegt als Prätext das "Abendlied" von Matthias Claudius (1740-1815) zugrunde. Auf dieses Gedicht, als metaphysische "Trostkonserve" im Kontext der Mondflugunternehmungen der sowjetischen Raumfahrtwissenschaft Ende der 50er Jahre mißbraucht, bezieht sich Rühmkorf in betont schnoddriger Artistik, um die mit dem Abdruck in der Tageszeitung "Die Welt" (15.9.1959) nahegelegte "abendländische Lösung" als für die Adenauer-Ära symptomatischen "Rückzug aufs Altenteil" zu verhöhnen.

Variationen auf ein Thema von Klopstock
Parodie auf das 1750 veröffentlichte und vielfach nachgedruckte Gedicht "Der Zürchersee" von Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803), der hier im Odenmaß des Horaz der neuzeitlichen Erlebnislyrik in Deutschland zum Durchbruch verhalf. Der im "Irdischen Vergnügen in g" erschienene und besonders mit thematischen Untererfüllungen drastischster Art operierende Text nimmt in der ersten Zeile wörtlich zitierend den Gedichtanfang der berühmten Vorlage auf.

Aus: "Lombard gibt den Letzten"
In dem 1972 erschienenen Schauspiel "Lombard gibt den Letzten", eine Parabel 'aus dem modernen Wirtschaftsleben', verarbeitet Rühmkorf, darin Brecht folgend, Klassikertexte - bei diesem Beispiel Friedrich Schillers hymnische Ode "An die Freude" von 1786, deren weltliterarische Geltung nicht zuletzt auf die Montage als Chorfinale in der 9. Symphonie (1823) von Ludwig van Beethoven (1770-1827) zurückgeht.


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